Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Antragstellerin will mit dem vorliegenden Antrag eine vom Betriebsrat auf Samstag, den 13.07.1996, 8.00 Uhr am 27.06.1996 einberufene ordentliche Betriebsversammlung verhindern.

Sie trägt vor, durch die Betriebsversammlung sei in 633 Bezirken eine Briefzustellung nicht möglich. Ebenfalls negativ betroffen sei die Eingangsverteilung, Postfachverteilung und Telegramm- und Eilzustellung.

Sie ist der Auffassung, daß sie dadurch ihren grundgesetzlichen Auftrag, im Bereich des Postwesens flächendeckend eine angemessene und ausreichende Dienstleistung zu gewährleisten, nicht erfüllen könne. Durch Teilversammlungen oder durch Abhalten einer Vollversammlung außerhalb der Arbeitszeit sei dieser Auftrag weniger beeinträchtigt.

Sie beantragt,

  1. dem Antragsgegner zu untersagen, am 13.07.1996 um 8.00 Uhr eine Betriebsversammlung einzuberufen und durchzuführen.
  2. dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung entsprechend dem Antrag zu 1) ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, anzudrohen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Antragsschrift verwiesen.

Die Anträge sind zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat keinen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der Durchführung der Betriebsversammlung.

Gemäß § 43 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat verpflichtet, einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen. Diese Betriebsversammlung findet während der Arbeitszeit statt. Grundsätzlich sind Betriebsversammlungen Vollversammlungen.

Der Betriebsrat ist ausnahmsweise verpflichtet, Teilversammlungen durchzuführen, wenn wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt nicht stattfinden kann (§ 42 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Bei der Frage, ob eine zur Abhaltung von Teilversammlungen verpflichtende Eigenart des Betriebs vorliegt, ist in erster Linie auf organisatorisch-technischer Besonderheiten abzustellen (BAG – AP Nr. 3 zu § 44 BetrVG). Solche Besonderheiten hat die Antragstellerin allerdings nicht glaubhaft gemacht.

Die Größe des Betriebs (ca. 2462 Beschäftigte) läßt nicht erkennen, warum eine Vollversammlung nicht möglich sein dürfte. Die Antragstellerin ist auch kein vollschichtiger Betrieb. An dem Tag, an dem die Betriebsversammlung stattfinden soll, haben die Arbeitnehmer versetzte Arbeitszeiten.

Die Antragstellerin hat lediglich die Störung des Betriebsablaufs bei der Durchführung der Betriebsversammlung geltend gemacht. Eine solche Störung tritt naturgemäß bei allen Betriebsversammlungen, die während der Arbeitszeit abzuhalten sind, auf. Auch der öffentlich-rechtliche Auftrag der Antragstellerin begründet keine zur Durchführung von Teilversammlung verpflichtende Eigenart des Betriebs. Dieser Auftrag kann und muß nur im Rahmen der Gesetze erfüllt werden. Zu diesen Gesetzen zählt auch das Betriebsverfassungsgesetz.

Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, die Betriebsversammlung solle außerhalb der Arbeitszeit stattfinden, ist diese ebenfalls nicht begründet. Die Durchführung der Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit ist nur in wirklich zwingenden durch die Eigenart des Betriebs bedingten Fälle zulässig (§ 44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). § 44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist eine Schutzbestimmung zugunsten der Arbeitnehmer. Deshalb ist die Verpflichtung des Betriebsrates, eine Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit anzuberaumen, an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft. Die vorgetragenen Auswirkungen einer während der Arbeitszeit stattfindenden Betriebsversammlung erfüllen solche Voraussetzungen bei weitem nicht. Die nicht durchgeführten Zustellungen können ohne weiteres nur einen Tag verspätet nachgeholt werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI981445

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