Über die gesetzlich geregelten Erlaubnistatbestände hinaus kann die Aufsichtsbehörde die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung auf Antrag des Arbeitgebers im Einzelfall oder dauerhaft bewilligen. Die Behörde kann bzw. muss[1] die Beschäftigung in folgenden Fällen bewilligen:

  • Im Handelsgewerbe an bis zu 10 Sonn- und Feiertagen im Jahr, an denen besondere Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen[2];
  • an bis zu 5 Sonn- und Feiertagen im Jahr, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern.[3]

    Die Genehmigung kann auch nur für einzelne Betriebsteile beantragt werden, in denen die Schadensverhütung erforderlich ist, sodass der Gesamtbetrieb unter Umständen mehrfach von dieser Bewilligungsmöglichkeit Gebrauch machen kann. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse des Unternehmens und ein alltäglich zu befriedigendes Erwerbsinteresse potenzieller Kunden genügen jedoch grundsätzlich nicht, um Ausnahmen vom Schutz der Sonn- und Feiertage zu rechtfertigen[4];

  • an einem Sonntag im Jahr zur Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur[5];
  • wenn Arbeiten zu verrichten sind, die aus chemischen, biologischen, technischen oder physikalischen Gründen einen ununterbrochenen Fortgang auch an Sonn- und Feiertagen erfordern.[6]

    Die Bewilligung "soll" in diesen Fällen erteilt werden. Der Tatbestand ist in der Praxis der aufsichtsbehördlichen Bewilligung allerdings weitgehend bedeutungslos, da bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 ArbZG regelmäßig auch der Tatbestand der erlaubten Sonn- und Feiertagsbeschäftigung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 15 ArbZG vorliegen dürfte (Verhütung des Verderbens von Naturerzeugnissen oder Rohstoffen oder des Misslingens von Arbeitsergebnissen sowie bei kontinuierlich durchzuführenden Forschungsarbeiten);

  • zur Sicherung der Beschäftigung bei unzumutbarer Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit aufgrund längerer Betriebszeiten im Ausland.[7] Aufschlussreich zu den insoweit von der Aufsichtsbehörde zu prüfenden Voraussetzungen ist der Erlass des Nordrhein-Westfälischen Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft zur Durchführung des Arbeitszeitgesetzes vom 30.12.2013[8], zugänglich über www.arbeitszeiten.nrw.de.

Darüber hinaus kann die Aufsichtsbehörde Abweichungen vom Verbot der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung im dringenden öffentlichen Interesse bewilligen.[9] Die Bedeutung dieses Ausnahmetatbestands im Bereich der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung ist allerdings gering. Beschäftigungspolitische Aspekte (Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen) sind vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gebots des Sonn- und Feiertagsschutzes in der Regel nicht ausreichend. Auch die Aufholung streikbedingter Rückstände bei der Erbringung von Dienstleistungen für die Allgemeinheit stellt kein dringendes öffentliches Interesse dar.[10]

Außerdem können Aufsichtsbehörden durch sog. Allgemeinverfügungen i. S. d. § 15 Abs. 2 ArbZG gleichsam "Pauschalbewilligungen" für Abweichungen von arbeitszeitgesetzlichen Bestimmungen erteilen. Die entsprechenden Abweichungen müssen dann nicht mehr individuell beantragt werden.

[1] Die Bewilligung gemäß § 13 Abs. 5 ArbZG (Beschäftigungssicherung bei Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit aufgrund längerer ausländischer Betriebszeiten) muss bei Vorliegen der Voraussetzungen erteilt werden.
[4] Vgl. OVG Münster, Beschluss v. 18.12.2015, 4 B 1465/15 (keine Bewilligung der Beschäftigung von Arbeitnehmern eines Logistikzentrums am 4. Adventssonntag zulässig); sowie OVG Münster, Urteil v. 11.12.2019, 4 A 738/18 (Klagebefugnis einer Gewerkschaft gegenüber einer erteilten Bewilligung zur Sonn- und Feiertagsbeschäftigung).
[8] BGBl. III 2-8312.
[10] Vgl. etwa OVG Münster, Urteile v. 10.7.2015, 4 B 791/15 und 792/15 (Postbeförderung).

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