In einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebsvereinbarung kann gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG zugelassen werden, abweichend von § 3 ArbZG, die Arbeitszeit über 10 Stunden werktäglich zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt. Eine Verlängerung der tarif- oder arbeitsvertraglich festgelegten Wochenarbeitszeit kann aufgrund der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG jedoch nicht durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden, wenn diese nicht durch den Tarifvertrag vorgesehen ist.

Das BAG hat erhebliche Arbeitsbereitschaft im Fall der Wartezeiten für Rettungssanitäter bejaht, bei denen im Laufe der Arbeitszeit eines Tages zusammengerechnet etwa 2 Stunden ohne volle Arbeitsleistung anfielen und sie auf den nächsten Einsatz warteten. Bis zu welcher Zeitdauer eine Wartezeit als unerhebliche "Splitterzeit" zu werten ist, muss für das jeweilige Tätigkeitsbild bestimmt werden; dabei ist ein Wert zu suchen, der unter der Mindestdauer einer Pause von 15 Minuten, aber über der als bloße "Verschnaufpause" anzusehenden Dauer von etwa 2 oder 3 Minuten liegt.[1] Nach Auffassung der Aufsichtsbehörden ist insoweit ein Anteil von mindestens ca. 30 % Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst erforderlich.[2] Die Möglichkeit der Arbeitszeitverlängerung besteht auch für Nachtarbeitnehmer.[3]

"opt-out"-Regelung

Zum 1.1.2004 wurde eine weitere Tariföffnungsklausel eingeführt, die es den Tarif- und Betriebspartnern unter denselben Voraussetzungen (regelmäßiges Vorliegen von Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst in erheblichem Umfang) erlaubt, die Arbeitszeit ohne Ausgleich auf über 8 Stunden werktäglich zu verlängern (sog."opt-out"). Voraussetzung ist, dass die Parteien zusätzliche Gesundheitsschutzmaßnahmen für die betroffenen Arbeitnehmer treffen.[4] Zusätzlich ist gemäß § 7 Abs. 7 ArbZG erforderlich, dass der einzelne Arbeitnehmer der Arbeitszeitverlängerung schriftlich zustimmt. Dieser hat zudem die Möglichkeit, seine Einwilligung binnen einer Frist von 6 Monaten zu widerrufen und darf für den Fall nicht erteilter oder widerrufener Zustimmung nicht benachteiligt werden.

Tarifvertragliche Ausgleichszeiträume

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1b ArbZG haben Tarifparteien außerdem die Möglichkeit, einen anderen Ausgleichszeitraum für die Einhaltung der werktäglichen Höchstarbeitszeit von 8 Stunden/Tag bzw. 48 Stunden/Woche zu vereinbaren; dies gilt auch für Nachtarbeitnehmer.[5] Allerdings begrenzt § 7 Abs. 8 ArbZG die Obergrenze der Verlängerung: Es darf ein Ausgleichszeitraum von längstens 12 Monaten vorgesehen werden, innerhalb dessen 48 Stunden/Woche nicht überschritten werden dürfen. Durch den Bezug auf die Obergrenze von 48 Stunden/Woche statt 8 Stunden/Werktag gemäß § 3 Satz 2 ArbZG besteht die Möglichkeit, gesetzliche Feiertage als Ausgleichstage einzubeziehen, wenn an diesen Tagen nicht gearbeitet wird.

Nicht tarifgebundene Arbeitgeber

§ 7 Abs. 3 ArbZG eröffnet die Möglichkeit, bestehende tarifliche Regelungen zur Abweichung vom Arbeitszeitgesetz auch in den Betrieb eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers zu übernehmen, ohne zugleich andere Bestandteile des Tarifvertrags anwenden zu müssen. Dies kann durch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder, wenn kein Betriebs- oder Personalrat besteht, durch einzelvertragliche Inbezugnahme geschehen. Dies gilt auch für vom Tarifvertrag abweichende Regelungen, wenn den Betriebspartnern diese Möglichkeit im Tarifvertrag ausdrücklich eröffnet worden ist.

Behördliche Ausnahmen

Neben tarifvertraglichen Abweichungen von § 3 ArbZG besteht auch die Möglichkeit, gemäß § 7 Abs. 5 ArbZG eine Ausnahmebewilligung der Aufsichtsbehörde für Bereiche zu erwirken, in denen ein Tarifvertrag üblicherweise nicht besteht. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass dies aus betrieblichen Gründen erforderlich ist und die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird. Diese Ausnahmegenehmigung darf gemäß § 7 Abs. 8 Satz 2 ArbZG nur bei entsprechendem Ausgleich erteilt werden, wonach die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten darf.

Für Verlängerungen der werktäglichen Arbeitszeit über 10 Stunden im Rahmen von Vollarbeitszeit kann zudem eine Bewilligung der zuständigen Aufsichtsbehörde nach § 15 Abs. 1 ArbZG erteilt werden,

  • für kontinuierliche Schichtbetriebe zur Erreichung zusätzlicher Freischichten[6],
  • für Bau- und Montagestellen[7] und
  • für Saison- und Kampagnebetriebe für die Zeit der Saison oder Kampagne, wenn die Verlängerung der Arbeitszeit über 8 Stunden werktäglich durch eine entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit zu anderen Zeiten ausgeglichen wird.[8]

Derartige Bewilligungen sind nicht nur auf Einzelfälle beschränkt, sondern können (gegebenenfalls mit Auflagen) auch eine dauerhafte Überschreitung der 10-Stunden-Grenze ermöglichen, wie sie im Schichtbetrieb mit nur 2 Schichtlagen (Tagschicht/Nachtschicht) erforderlich ist. Die Gr...

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