Von der Vollarbeit, der Arbeitsbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst ist die Rufbereitschaft zu unterscheiden. Rufbereitschaft liegt dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Auch in der Anordnung, außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit ein Mobiltelefon empfangsbereit zu halten, kann die Anordnung von Rufbereitschaft liegen.[1] Im Unterschied zu den Arbeitsformen "Arbeitsbereitschaft" und "Bereitschaftsdienst", die, einschließlich der inaktiven Zeitanteile, als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG anzusehen sind, sind Zeiten der bloßen Rufbereitschaft Ruhezeit i. S. d. § 5 Abs. 1 ArbZG. Im Fall des Abrufs ist die Zeit der tatsächlichen Inanspruchnahme dagegen als Arbeitszeit anzurechnen. Nach Auffassung des BAG gilt dies nicht für Wegezeiten zwischen Aufenthaltsort des Arbeitnehmers und betrieblichem Arbeitsplatz.[2] Allerdings müssen eventuelle Wegezeiten innerhalb der Rufbereitschaft im Rahmen der arbeitsschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung[3] berücksichtigt werden. Insoweit muss der Arbeitgeber Sorge dafür tragen, dass dem Arbeitnehmer ausreichend lange Zeitspannen ohne dienstliche Beanspruchung verbleiben.[4] Der Arbeitnehmer ist bei der Wahl seines Aufenthaltsorts innerhalb der Rufbereitschaft nur insoweit eingeschränkt, als er sich für einen Abruf des Arbeitgebers (z. B. per Mobiltelefon) bereithalten und bei Abruf die Arbeitsaufnahme gewährleisten muss. Eine Zeitvorgabe für die Arbeitsaufnahme darf nicht zu einer faktischen Aufenthaltsbeschränkung für den Arbeitnehmer werden, die dem Charakter der Ruhezeit als Zeitspanne der Regeneration und Pflege sozialer Kontakte entgegensteht. Der Arbeitgeber muss deshalb im Fall eines Abrufs zur Arbeit die heutzutage üblichen Wegezeiten zwischen Wohnort und Betrieb berücksichtigen. Will der Arbeitgeber eine kurzfristige Arbeitsaufnahme im Betrieb sicherstellen, muss er sich ggf. anderer Dienstformen, etwa des Bereitschaftsdienstes, bedienen.

Für die Abgrenzung zwischen Rufbereitschaft (als Ruhezeit) und Bereitschaftsdienst oder Arbeitsbereitschaft (als Arbeitszeitformen) ist auch die durchschnittliche Häufigkeit der Einsätze innerhalb der Rufbereitschaft zu berücksichtigen. Insgesamt dürfen die durch Rahmenbedingungen der Rufbereitschaft auferlegten Einschränkungen nicht so gravierend sein, dass sich daraus eine "ganz erhebliche" (EuGH) Beeinträchtigung der Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers ergibt.[5]

Die Verpflichtung zur Rufbereitschaft kann sich aus einem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag ergeben. Die Vergütung der Rufbereitschaft ist gesetzlich nicht geregelt. Aktivzeiten innerhalb der Rufbereitschaft sind Arbeitszeiten i. S. d. Mindestlohngesetzes. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Bereitschaftsdienst Bezug genommen werden.

[2] BAG, Urteil v. 20.8.2014, 10 AZR 937/13; VG Augsburg, Urteil v. 22.7.2021, AU 5 K 20.724. Seitens der Arbeitsschutzbehörden wird diese Bewertung jedoch in Zweifel gezogen.
[5] BAG, Urteil v. 31.1.2002, 6 AZR 214/00; vgl. zur Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft auch Abschn. 2.2.; EuGH, Urteil v. 9.3.2021, C-580/19 (Feuerwehr Offenbach).

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