Rufbereitschaft liegt regelmäßig dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Der Arbeitnehmer kann sich an einer beliebigen Stelle aufhalten. Er muss die Arbeitsstätte aber in angemessen kurzer Zeit erreichen können.[1]

 
Achtung

Grundsätzlich keine Arbeitszeit

Die Rufbereitschaft ist grundsätzlich keine Arbeitszeit i. S. v. § 2 Abs. 1 ArbZG. Sie bleibt daher auch bei der Berechnung der zulässigen Arbeitszeiten außer Ansatz.

Wenn der Arbeitnehmer einen Bereitschaftsdienst nach dem System der Rufbereitschaft erbringt, die seine ständige Erreichbarkeit, nicht jedoch zugleich seine Anwesenheit am Arbeitsplatz erfordert, handelt es sich nach der Rechtsprechung des EuGH nicht um Arbeitszeit. Selbst wenn der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, kann er in dieser Situation freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen. Unter diesen Umständen ist nur die Zeit, die für die tatsächliche Erbringung von Leistungen aufgewandt wird, als "Arbeitszeit" i. S. d. Richtlinie 2003/88 anzusehen.[2]

 
Achtung

Ausnahmen

In Einzelfällen kann die Rufbereitschaft aber auch insgesamt als Arbeitszeit zu werten sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nicht nur verpflichtet ist, für seinen Arbeitgeber verfügbar zu sein, sondern dem Arbeitnehmer auch vorgegeben wird, sich an seinem Wohnort aufzuhalten und sich auf Zuruf innerhalb von 8 Minuten an seinem Arbeitsplatz einzufinden.[3] Erforderlich ist eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls. Ergibt sich hiernach, dass die dem Arbeitnehmer während dieser Zeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie seine Möglichkeiten, die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, frei zu gestalten und sie seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen, kann in diesem Fall die Rufbereitschaft des Arbeitnehmers in vollem Umfang "Arbeitszeit" darstellen.[4]

Im entschiedenen Fall musste der Arbeitnehmer innerhalb von 20 Minuten in Einsatzkleidung mit dem Einsatzfahrzeug, unter Inanspruchnahme der für dieses Fahrzeug (Feuerwehrfahrzeug) geltenden Sonderrechte gegenüber der Straßenverkehrsordnung und Wegerechte, die Stadtgrenze seiner Dienststelle erreichen.

 
Hinweis

Rufbereitschaft bei schwerbehinderten Arbeitnehmern

Ob ein schwerbehinderter Arbeitnehmer Anspruch auf Freistellung von als Rufbereitschaft angeordneter Bereitschaftszeit hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Einen Anspruch auf generelle Freistellung von der Rufbereitschaft auf Grundlage von § 207 SGB IX hat das BAG abgelehnt.[5] Nach § 207 SGB IX erhält ein schwerbehinderter Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich auf Verlangen von Mehrarbeit freistellen zu lassen. Mehrarbeit in diesem Sinne ist jede über werktäglich 8 Stunden (§ 3 Satz 1 ArbZG) hinausgehende Arbeitszeit. Maßgeblich ist dabei das Arbeitszeitgesetz, das eine 6-Tage-Woche zugrunde legt. Nach Ansicht des BAG könnte der Arbeitnehmer im entschiedenen Fall angesichts seiner regulären 5-Tage-Woche zumindest an einem 6. Tag in der Woche zu einer 8-stündigen Bereitschaft herangezogen werden. Für einen Anspruch auf Freistellung von der Rufbereitschaft, der sich aus § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX ergeben kann, war der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Er hätte darlegen müssen, dass er aufgrund seiner behinderungsbedingten Einschränkungen vollständig von der Teilnahme an den als Rufbereitschaft angeordneten Bereitschaftszeiten zu befreien ist.

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