Arbeits- und Bereitschaftsdienst sind insgesamt als Arbeitszeit i. S. v. § 2 Abs. 1 ArbZG zu werten.

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6.1 Arbeitsbereitschaft

Die Arbeitsbereitschaft ist geprägt von einer gegenüber der vollen Arbeitsleistung nur geminderten, nicht die gesamte Aufmerksamkeit beanspruchenden Tätigkeit. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) definiert sie als Zeit wacher Achtsamkeit im Zustand der Entspannung; bei der Arbeitsbereitschaft muss sich der Arbeitnehmer zur Arbeit bereithalten, um erforderlichenfalls von sich aus tätig zu werden.[1]

Gegenüber der Vollarbeit stellt die Arbeitsbereitschaft in körperlicher und geistiger Hinsicht eine mindere Leistung dar.[2]

6.2 Bereitschaftsdienst

Im Unterschied zu Vollarbeit und Arbeitsbereitschaft liegt Bereitschaftsdienst vor, wenn sich der Arbeitnehmer, ohne dass von ihm wache Aufmerksamkeit gefordert wird, für Zwecke des Betriebs an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten hat, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen kann.[1]

Grundsätzlich ist Bereitschaftsdienst danach keine volle Arbeitsleistung, sondern eine Aufenthaltsbeschränkung, die mit der Verpflichtung verbunden ist, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden. Damit unterscheidet sich dieser Dienst seinem Wesen nach von der vollen Arbeitstätigkeit, die vom Arbeitnehmer eine ständige Aufmerksamkeit und Arbeitsleistung verlangt.[2] Entscheidend für die Abgrenzung von Arbeitsbereitschaft zum Bereitschaftsdienst ist allein, dass sich der Arbeitnehmer bei der Arbeitsbereitschaft zur Arbeit bereithalten muss, um erforderlichenfalls von sich aus tätig zu werden, während beim Bereitschaftsdienst der Arbeitnehmer "auf Anforderung" den Dienst aufnehmen muss.[3]

In diesem Rahmen kann der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdienstes seine Zeit weitgehend frei gestalten und kann in Zeiten ohne Inanspruchnahme auch ruhen, da er – anders als bei der Arbeitsbereitschaft – nicht zu "wacher Aufmerksamkeit" verpflichtet ist. Der EuGH hat entschieden, dass es sich dann um Arbeitszeit handelt, wenn der Arbeitnehmer seinen Bereitschaftsdienst von seiner eigenen Wohnung aus erfüllen kann, aber verpflichtet ist, sich innerhalb von 8 Minuten am Arbeitsplatz einzufinden.[4] Denn die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen, ist hierdurch erheblich eingeschränkt.

 
Hinweis

Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Der Bereitschaftsdienst, den ein Arzt in Form persönlicher Anwesenheit im Krankenhaus leistet, ist nach der Rechtsprechung in vollem Umfang Arbeitszeit i. S. d. Richtlinie 93/104/EG, auch wenn es dem Betroffenen in Zeiten, in denen er nicht in Anspruch genommen wird, gestattet ist, sich an seiner Arbeitsstelle auszuruhen.[5]

6.3 Rufbereitschaft

Rufbereitschaft liegt regelmäßig dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Der Arbeitnehmer kann sich an einer beliebigen Stelle aufhalten. Er muss die Arbeitsstätte aber in angemessen kurzer Zeit erreichen können.[1]

 
Achtung

Grundsätzlich keine Arbeitszeit

Die Rufbereitschaft ist grundsätzlich keine Arbeitszeit i. S. v. § 2 Abs. 1 ArbZG. Sie bleibt daher auch bei der Berechnung der zulässigen Arbeitszeiten außer Ansatz.

Wenn der Arbeitnehmer einen Bereitschaftsdienst nach dem System der Rufbereitschaft erbringt, die seine ständige Erreichbarkeit, nicht jedoch zugleich seine Anwesenheit am Arbeitsplatz erfordert, handelt es sich nach der Rechtsprechung des EuGH nicht um Arbeitszeit. Selbst wenn der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber in dem Sinne zur Verfügung steht, dass er erreichbar sein muss, kann er in dieser Situation freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen. Unter diesen Umständen ist nur die Zeit, die für die tatsächliche Erbringung von Leistungen aufgewandt wird, als "Arbeitszeit" i. S. d. Richtlinie 2003/88 anzusehen.[2]

 
Achtung

Ausnahmen

In Einzelfällen kann die Rufbereitschaft aber auch insgesamt als Arbeitszeit zu werten sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nicht nur verpflichtet ist, für seinen Arbeitgeber verfügbar zu sein, sondern dem Arbeitnehmer auch vorgegeben wird, sich an seinem Wohnort aufzuhalten und sich auf Zuruf innerhalb von 8 Minuten an seinem Arbeitsplatz einzufinden.[3] Erforderlich ist eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls. Ergibt sich hiernach, dass die dem Arbeitnehmer während dieser Zeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie seine Möglichkeiten, die Z...

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