Der Inhalt von Tarifverträgen kann durch einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Wege der Bezugnahme Inhalt des Einzelarbeitsverhältnisses werden, ohne dass eine der beiden Parteien Mitglied in einer der Tarifvertragsparteien ist.

Die Zulässigkeit der einzelvertraglichen Bezugnahme auf den Inhalt von Tarifverträgen ist heute unbestritten, sie ergibt sich aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit.[1] Die Anwendung von tariflichen Regelungen kann von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzelvertraglich vereinbart werden. Die Tarifnormen gelten dann als arbeitsvertragliche Bestimmungen im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien, durch die Verweisung auf Tarifverträge wird aber keine Tarifbindung[2] herbeigeführt.

Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung ist immer dann sinnvoll, wenn eine Gleichbehandlung der Arbeitnehmer und einheitliche Arbeitsbedingungen für den Betrieb herbeigeführt werden sollen. Eine Feststellung, welcher Personenkreis kraft Tarifbindung Anspruch auf tarifliche Arbeitsbedingungen hat, ist dann entbehrlich. Daneben werden in Tarifverträgen die Arbeitsbedingungen der Arbeitsvertragsparteien regelmäßig umfassend geregelt. Durch die Übernahme von Tarifverträgen wird die Gefahr von Regelungslücken im Vertragsverhältnis deutlich reduziert (z. B. durch Übernahme eines Manteltarifvertrags für einen außertariflichen Angestellten, dessen Vertragsverhältnis ansonsten detailliert im Arbeitsvertrag geregelt werden müsste).

Schließlich kann vielfach bei fehlender Tarifbindung durch die einzelvertragliche Bezugnahme eines Tarifvertrags von tarifdispositivem Gesetzesrecht abgewichen werden.

 
Praxis-Beispiel

Abweichende Regelungen zu Kündigungsfristen

Nach § 622 Abs. 4 BGB gelten tarifvertragliche Kündigungsfristen, wenn dies einzelvertraglich zwischen den Parteien des Arbeitsvertrags vereinbart worden ist. Nach § 622 Abs. 5 BGB können ansonsten durch Einzelvertrag kürzere als die gesetzlichen Kündigungsfristen nur bei Aushilfsarbeitsverhältnissen bis zu 3 Monaten und in Kleinbetrieben vereinbart werden. Durch die Bezugnahme auf tarifliche Kündigungsfristen wird dem Arbeitgeber eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet, von den gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 1 BGB abzuweichen. Dies wird dann sinnvoll sein, wenn die in Bezug genommenen Kündigungsfristen im Tarifvertrag kürzer sind als die in Abs. 1 genannten gesetzlichen Fristen. Für die Bezugnahme ist es ausreichend, wenn nur die tarifvertragliche Kündigungsfristenregelung in Bezug genommen wird, nicht erforderlich ist es, den gesamten Tarifvertrag in das Arbeitsverhältnis einzubeziehen.

Die Übernahme tariflicher Regelungen bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form. Ebenso können Inhalt und Umfang der Inbezugnahme von Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsprechend der betrieblichen Notwendigkeiten frei bestimmt werden; dort auch zu den unterschiedlichen Arten (dynamisch/statisch) der Bezugnahme. So ist durchaus denkbar, lediglich einen Manteltarifvertrag zum Gegenstand des Arbeitsvertrags zu machen, wenn im Betrieb ein vom Vergütungstarifvertrag abweichendes Gehaltssystem besteht. Bei einzelvertraglicher Bezugnahme des Tarifvertrags haben die Normen des Tarifvertrags zwar unmittelbare, aber keine zwingende Wirkung.

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