Das Gericht trifft die Entscheidung über die Zurückweisung von verspätetem Sachvortrag in der Regel zusammen mit der Endentscheidung. Damit ist eine Nichtzulassung nur mit der Sachentscheidung selbst angreifbar. Vorher ist der Partei rechtliches Gehör zu gewähren. Das verspätete Vorbringen der Partei ist so darzustellen und zu berücksichtigen, als ob diese den Sachverhalt nicht vorgetragen hätte.[1] Hat das Arbeitsgericht das verspätete Vorbringen zu Recht nicht zugelassen, ist die Partei nach § 67 Abs. 1 ArbGG damit auch in der Berufungsinstanz ausgeschlossen. Andererseits ist die Zulassung verspäteten Vorbringens nicht anfechtbar, da die Verzögerung ohnehin eingetreten ist.

Die §§ 273, 296 Abs. 1 ZPO (als Vorschriften des Zivilprozesses für die Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, die nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Fristen vorgebracht werden) finden aufgrund der Spezialregelung des § 56 Abs. 2 ArbGG keine Anwendung, mit Ausnahme im Fall des § 340 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Ergeht gegen eine Partei ein Versäumnisurteil, kann sie dagegen Einspruch einlegen. In der Einspruchsschrift sind alle Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, wobei für dort verspäteten Vortrag auf § 296 Abs. 1 ZPO verwiesen wird, sodass § 56 Abs. 2 ArbGG in diesem Fall nicht anwendbar ist. Allerdings ist eine Zurückweisung von verspätetem Vortrag in Abweichung von § 56 Abs. 2 ArbGG nach § 296 Abs. 2 ZPO auch dann möglich, wenn keine Fristsetzung für die Erklärungen einer Partei erfolgt ist und wenn

  • entweder Sachvortrag oder Beweismittel verspätet vorgebracht werden,
  • die andere Partei das Vorbringen sofort oder in einem nachgelassenen Schriftsatz bestreitet,
  • es zu einer Verzögerung des Rechtsstreits kommt und
  • die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Das ist dann der Fall, wenn eine Partei ihre allgemeine Prozessförderungspflicht nach § 282 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO in besonders hohem Maße vernachlässigt und das unterlässt, was nach dem Stand des Verfahrens jeder Partei als notwendig hätte einleuchten müssen.[2]

Auch sind § 296 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO neben § 56 Abs. 2 ArbGG anwendbar. Die Regelung in § 296 Abs. 3 ZPO zu verspäteten Zulässigkeitsrügen ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren kaum von praktischer Bedeutung, da der Beklagte auf diese Rügen verzichten können muss und diese Rügen im arbeitsgerichtlichen Verfahren kaum vorkommen, z. B. sind wegen der Kostenerstattungsvorschrift des § 12a ArbGG die Zulässigkeitsrügen der fehlenden Ausländersicherheit nach §§ 110 ff. ZPO oder die Rüge der fehlenden Kostenerstattung im Fall einer in einem früheren Prozess erklärten Klagerücknahme nach § 269 Abs. 6 ZPO irrelevant. Nach § 296 Abs. 3 ZPO ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Die Zurückweisung von Vorbringen als verspätet kann verhindert werden durch

  • Flucht in die Säumnis

    In diesem Fall stellt die betroffene Partei im Termin der mündlichen Verhandlung keinen Antrag mit der Folge, dass gegen sie ein Versäumnisurteil nach vorherigem Antrag des Prozessgegners ergeht.[3] Nach § 342 ZPO wird der Prozess durch den Einspruch dann in die Lage versetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis in der mündlichen Verhandlung befand. Die Partei kann dann ihr bisheriges Vorbringen in der Einspruchsbegründungsschrift ergänzen oder auf bereits Vorgetragenes Bezug nehmen. Zu beachten ist aber, dass nach § 340 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 296 Abs. 1 ZPO eine Zurückweisung des Vortrages in der Einspruchsentscheidung dann erfolgen kann, wenn sich das Verfahren allein wegen der Verspätung des Sachvortrages verzögert.

  • Flucht in die Berufung

    Im arbeitsgerichtlichen Verfahren besteht unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit, Tatsachenvortrag zurückzuhalten und erst in der zweiten Instanz einzuführen. Nach § 67 Abs. 2 und Abs. 3 ArbGG sind Tatsachen, die erstmals in der Berufungsbegründung bzw. -erwiderung vorgebracht werden, dann zuzulassen, wenn ihre Berücksichtigung zu keiner Verzögerung des Berufungsverfahrens führen würde oder die Partei die Verspätung genügend entschuldigt bzw. das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

  • Klageerweiterung

    Die Entscheidung des Arbeitsgerichts kann durch eine Klageerweiterung hinausgezögert werden, wenn der entsprechende Antrag im Termin der mündlichen Verhandlung geändert wird. Die Klageerweiterung als Angriff selbst unterliegt nicht der Präklusionswirkung, da diese nur für Angriffs- und Verteidigungsmittel gilt. Zu beachten ist aber, dass der den Anträgen zugrunde liegende Tatsachenvortrag bzw. Beweisangebote von der Zurückweisung als verspäteter Vortrag erfasst werden können. Die Möglichkeit des Gerichts, nach § 301 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden, setzt voraus, dass hinsichtlich eines selbstständigen prozessualen Anspruchs Entscheidungsreife besteht. Bei einer nur betragsmäßigen Erhöhung der Klageforderung bleibt der vom Kläger verfolgte Anspruch aber unverändert erhalten, sodass es sich bei dem bisherigen ...

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