Grundsätzlich haben die Prozessbeteiligten zunächst zu prüfen, in welcher Verfahrensart ein Konflikt vor Gericht auszutragen ist. Diese Wahl der Verfahrensart ist dann von Amts wegen durch das Gericht zu überprüfen. Ist sie rechtsirrig erfolgt, wurde also Klage erhoben, wo ein Antrag im Beschlussverfahren zu stellen gewesen wäre oder umgekehrt, dann ist die Klage oder der Antrag nach § 48 Abs. 1 ArbGG nicht als unzulässig zurückzuweisen. Die Sache ist vielmehr nach § 80 Abs. 3 ArbGG, § 48 Abs. 1 ArbGG, § 17a Abs. 2 GVG im Wege der Vorabentscheidung durch Beschluss in die zutreffende Verfahrensart zu verweisen. Die Entscheidung entspricht formal einem Rechtswegbeschluss und ist durch die Kammer zu treffen. Gegen diese Entscheidung sind die in §§ 17 ff. GVG genannten Rechtsbehelfe (sofortige Beschwerde, ggf. Rechtsbeschwerde) gegeben.

Auch wenn die Zuständigkeiten durch das Gesetz vorgegeben sind, ist die Wahl, ob die Streitigkeit im Urteils- oder im Beschlussverfahren auszutragen ist, aus 2 Gründen von Bedeutung. Wer sich in dem fraglichen Konflikt für darlegungs- und beweisbelastet hält, für den wird das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren günstiger sein. Dort gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Der Vertreter der Arbeitnehmer- oder Betriebsratsseite wird häufig das Beschlussverfahren vorziehen, der Vertreter der Arbeitgeberseite hingegen eher das Urteilsverfahren, weil die Kosten des Beschlussverfahrens, auch in erster Instanz, stets dem Arbeitgeber zur Last fallen, während die außergerichtlichen Kosten im Urteilsverfahren in erster Instanz von jeder Partei selbst und erst in zweiter Instanz von der unterlegenen Partei zu tragen sind. In manchen Fällen können Streitigkeiten auch je nach Wahl des konkreten Streitgegenstands im Urteils- oder Beschlussverfahren ausgetragen werden.

 
Praxis-Beispiel

Es ist streitig, ob eine Betriebsvereinbarung wirksam einen Zahlungsanspruch regelt (z. B. Sozialplan).

Der Streit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über die Wirksamkeit der Regelung wäre im Beschlussverfahren zu führen.[1] Betriebsratsmitglieder oder andere Arbeitnehmer können aber auch Zahlungsansprüche individuell im Urteilsverfahren gegen den Arbeitgeber geltend machen.

Die unterschiedlichen Verfahrensarten wirken sich auf die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidungen aus: Im Urteilsverfahren wird nur zwischen den jeweiligen Prozessparteien rechtskräftig geklärt, ob ein Anspruch besteht. In den Verfahren anderer Arbeitnehmer könnte die Entscheidung auch anders ausfallen. Eine rechtskräftige Entscheidung im Beschlussverfahren würde dagegen für den ganzen Betrieb verbindlich klären, ob die Betriebsvereinbarung wirksam ist. Diese größere Reichweite der gerichtlichen Entscheidung erklärt auch die Amtsermittlung im Beschlussverfahren.

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