Mit Urteil vom 17.9.1998 hat das BAG mit seiner bis dahin ständigen Rechtsprechung zur Mankohaftung gebrochen.[1] An diese Entscheidung knüpft eine weitere Entscheidung vom 2.12.1999 an, mit der die eingeleitete Wende bestätigt und fortgeführt wird.[2]

Die Änderungen betreffen sowohl die ggf. ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbarte sog. "Mankoabrede" als auch die daneben in Betracht kommenden gesetzlichen Haftungsgrundlagen, die gemeinhin unter dem Stichwort "Mankohaftung" zusammengefasst werden:

Zunächst trennt das BAG strikt zwischen 2 Anspruchsgrundlagen und ihren jeweiligen Voraussetzungen:

 

1.

Für eine Haftung aus §§ 280, 282 BGB a. F. wegen zu vertretender Unmöglichkeit der Herausgabe stellt das BAG klar: Auszugehen sei von der Überlegung, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich nur die Leistung der versprochenen Dienste und nicht den Erfolg der Leistung schulde, der Arbeitgeber also das Risiko der Schlechtleistung trage. Zwar könne in den Ausnahmefällen, in denen der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der Verwahrung oder des Auftrags zu behandeln ist, etwas anderes gelten. In diesem Fall schulde der Arbeitnehmer unmittelbar die Herausgabe des Erlangten.[3]

Das BAG betont dann aber, dieser Fall sei nur dann anzunehmen, "wenn der Arbeitgeber eine Tatsachenlage geschaffen habe, nach der er nicht mehr Besitzer der Sache ist". Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Wertung des § 855 BGB ist der Arbeitnehmer in der Regel gerade nicht Besitzer der ihm zur Erfüllung seiner Arbeitsleistung überlassenen Sachen, sondern nur Besitzdiener für den Arbeitgeber, sodass also der Arbeitgeber im Besitz der Sache bleibt. Es bedarf also der Darlegung einer Tatsachenlage, die von den typischen Konstellationen des Arbeitslebens derart abweicht, dass es gerechtfertigt ist, entgegen der Vermutung des § 855 BGB den Arbeitnehmer doch als unmittelbaren Besitzer anzusehen. Hierbei geht das BAG davon aus, dass ein unmittelbarer Besitz des Arbeitnehmers zumindest den alleinigen Zugang zu der Sache und deren selbstständige Verwaltung voraussetze. Dazu gehöre, dass der Arbeitnehmer wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache zu treffen habe. Allein unter diesen Voraussetzungen habe der Arbeitnehmer einen eigenständigen Spielraum, der es rechtfertige, ihm die Verantwortung für die Herausgabe der verwalteten Sache aufzuerlegen.[4]

 
Praxis-Beispiel

Wirtschaftliche Tätigkeit des Arbeitnehmers

Aus Sicht des BAG könnte der Arbeitnehmer in diesem Sinne wirtschaftlich tätig werden, wenn seine Tätigkeit von kaufmännischen Aufgaben geprägt ist; z. B. weil ihm eigene Vertriebsbemühungen obliegen oder er Preise – über deren bloße Berechnung hinaus – auch selbstständig kalkulieren muss.[5]

 

2.

Bei der Haftung des Arbeitnehmers wegen Verletzung von Aufsichts- und/oder Obhutspflichten bestehen keine Darlegungs- und Beweiserleichterungen für den Arbeitgeber.

Zwar haftet der Arbeitnehmer nach diesen auch im Arbeitsverhältnis geltenden Regeln für Schäden aus der Verletzung vertraglicher (Neben-)Pflichten, die er zu vertreten hat. Die Haftung ist jedoch durch die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung nach dem Modell des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gemindert. Nach der ausdrücklichen Anordnung des § 619a BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Pflichtverletzungen stets voll nachweisen.

 

Fazit: Mankohaftung nur eingeschränkt anwendbar

Angesichts vieler Verschärfungen der Rechtsprechung seit 1998 ist von der Mankohaftung im früheren Sinne nicht viel übrig geblieben. Rechtssichere Möglichkeiten für den Arbeitgeber, vorab die Haftung für Schäden auf den Arbeitnehmer abzuwälzen, sind kaum noch möglich.

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