Obgleich im Hinblick auf die Vielfalt möglicher Schadensursachen kein abschließender Katalog existieren kann, zählen zu den über den Grad des Verschuldens hinaus noch zu berücksichtigenden Umständen regelmäßig folgende Aspekte:

  • Gefahrgeneigtheit der Arbeit
  • Betriebsrisiko des Arbeitgebers,
  • Organisationsverantwortung des Arbeitgebers hinsichtlich der Betriebsabläufe,
  • ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung abdeckbares Risiko
  • Höhe des Schadens,
  • Höhe des Arbeitsentgelts, in dem möglicherweise eine Risikoprämie enthalten ist,
  • bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers,
  • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb,
  • persönliche Verhältnisse des Arbeitnehmers (Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Familienverhältnisse).[1]

Die vom BAG ausdrücklich geforderte Einbeziehung aller Umstände führt zwangsläufig zu Einzelfallentscheidungen, die sich einer generellen Strukturierung entziehen. Dies macht das Ergebnis eines Haftungsprozesses schwer kalkulierbar.

[1] Vgl. BAG, Urteil v. 24.11.1987, 8 AZR 66/82; Großer Senat des BAG, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89 (A); BAG, Urteil v. 16.2.1995, 8 AZR 493/93 m. w. N.

2.3.3.1 Gefahrgeneigte Tätigkeit

Der Begriff der Gefahrgeneigtheit der Arbeit hat seine Rolle als generelle Voraussetzung für das Eingreifen von Haftungserleichterungen verloren. Damit ist er jedoch nicht völlig hinfällig geworden. Er behält weiterhin ein großes Gewicht bei der Schadensaufteilung im Bereich der mittleren Fahrlässigkeit. Unter einer gefahrgeneigten Tätigkeit ist eine Arbeit zu verstehen, die es nach ihrer Eigenart mit großer Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, dass auch dem sorgfältigen Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen, die für sich allein betrachtet zwar jedes Mal vermeidbar gewesen wären, mit denen aber angesichts der allgemeinen menschlichen Unzulänglichkeit typischerweise gerechnet werden muss.[1] Entgegen früherer Rechtsprechung des BAG ist für die Einordnung einer Arbeit als gefahrgeneigt allerdings weniger deren allgemeine Beschaffenheit, als vielmehr die damit einhergehende konkret situationsgebundene Gefahrenlage ausschlaggebend, wenn auch eine typisierende Betrachtung nach wie vor unvermeidbar und auch zulässig sein dürfte.[2]

[1] Grundlegend: Großer Senat des BAG, Beschluss v. 25.9.1957, GS 4/56.
[2] Vgl. BAG, Urteil v. 13.5.1970, 1 AZR 336/69.

2.3.3.2 Versicherungspflicht des Arbeitgebers

Bei der Konkretisierung der Ersatzpflicht des Arbeitnehmers im Einzelfall spielt die Frage, ob der Arbeitgeber für das konkrete Risiko eine Versicherung abgeschlossen hat oder das Risiko zumindest versicherbar gewesen wäre, eine wichtige Rolle. Klar ist zunächst, dass der Arbeitgeber bestehende Versicherungen, also z. B. Betriebshaftpflicht-, Kasko- oder Feuerversicherung vorrangig in Anspruch nehmen muss.

Über eine existierende Versicherung hinaus hat aber auch die generelle Versicherbarkeit des eingetretenen Schadens große Bedeutung für die Bestimmung des Haftungsumfangs. Denn nach der Rechtsprechung gehört zu den bei der Schadensquotierung zu berücksichtigenden Umständen auch der mögliche und zumutbare Abschluss einer Versicherung.

Das BAG hat (für den Fall der Kfz-Kaskoversicherung) klargestellt, dass der Arbeitgeber im Verhältnis zum Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, eine Kraftfahrzeugkaskoversicherung abzuschließen, wenn sich dies nicht aus dem Arbeitsvertrag oder den das Arbeitsverhältnis gestaltenden normativen Bestimmungen ergibt.[1] Von der fehlenden Verpflichtung zum Abschluss einer solchen Versicherung ist allerdings deren Berücksichtigung im Rahmen des Schadensausgleichs zu unterscheiden. Schließt der Arbeitgeber eine mögliche und zumutbare Versicherung nicht ab, so muss er sich im Rahmen der Schadensverteilung gleichwohl so behandeln lassen, als ob er die Versicherung abgeschlossen hätte.[2] Diese Möglichkeit des Abschlusses einer Versicherung gewinnt regelmäßig bei Schäden Bedeutung, die der Arbeitnehmer an einem ihm vom Arbeitgeber überlassenen Kraftfahrzeug verursacht. Denn in diesem Bereich wird der Abschluss einer Vollkaskoversicherung regelmäßig als zumutbar angesehen. Folglich reduziert sich hier die anteilige Haftung des Arbeitnehmers regelmäßig auf die übliche Selbstbeteiligung (bei Lkw bis zu 1.000 EUR). Denselben Gedanken hat das Landesarbeitsgericht Köln auf den möglichen und zumutbaren Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung zum Schutze des Arbeitnehmers gegen Drittschäden (z. B. an Gegenständen des Kunden) übertragen.[3]

Pflichtversicherungen des Arbeitnehmers, die den Schaden abdecken, z. B. eine private Kfz-Haftpflichtversicherung, führen dazu, dass der Arbeitnehmer sich nicht auf arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkungen berufen kann.[4] Freiwillige Versicherungen, wie z. B. eine allgemeine Privathaftpflichtversicherung, haben dagegen grundsätzlich keinen Einfluss auf die Haftungsquote bei der Arbeitnehmerhaftung. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit den Abschluss der privaten Versicherung gefordert hat oder dafür besondere Vergütung bezahlt wurde.[5]

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