Die aus den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches resultierende Haftung des Arbeitnehmers wurde allgemein als zu streng empfunden. Denn im Rahmen des auf Dauer angelegten Arbeitsverhältnisses können auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen, die zwar für sich betrachtet fahrlässig sind, mit denen aber aufgrund der menschlichen Unzulänglichkeit gerechnet werden muss. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Arbeitnehmer nicht einen bestimmten Leistungserfolg schuldet, sondern lediglich eine Leistungshandlung, verbunden mit der gehörigen Bemühung um deren Gelingen. Wenn dem Arbeitnehmer aber von der vertraglichen Grundkonstruktion her kein unmittelbares Risiko für den Leistungserfolg aufgebürdet ist, so darf ihm dieses auch nicht indirekt über das Haftungsrecht auferlegt werden. Schließlich wird auch berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aufgrund arbeitsrechtlicher Weisungen überhaupt erst in Gefahr gebracht wird, erhebliche Schäden verursachen zu können.

Die Rechtsprechung hat deshalb Haftungserleichterungen entwickelt. Diese lange Zeit unter dem Begriff der sog. "gefahrgeneigten Tätigkeit" diskutierten und verschiedentlich auch modifizierten Rechtsfortbildungsansätze haben ihren derzeitigen Schlusspunkt in dem Modell des sog. innerbetrieblichen Schadensausgleichs gefunden.

Durch Beschluss des Großen Senats des BAG wurde ein – gesetzlich nicht geregeltes – Haftungsmodell für Arbeitnehmer (s. u. Abschnitt 2.3) entwickelt.[1] Hierauf beruht die nunmehrige Rechtsprechung des BAG.[2]

 
Achtung

Haftungsbegrenzung nur für Schäden bei betrieblicher Tätigkeit

Die Beschränkung der Haftung des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer den Schaden in Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit verursacht hat.

Für die Beantwortung dieser Frage kommt es darauf an, ob ein derartiger innerer Zusammenhang zwischen betrieblicher Tätigkeit und Schadensereignis besteht, dass die Verfolgung betrieblicher Zwecke als entscheidende Schadensursache anzusehen ist.[3]

Die betriebliche Veranlassung kann deshalb nicht etwa schon damit begründet werden, dass der Arbeitnehmer im Betrieb anwesend war und diese Anwesenheit ihm erst die Gelegenheit gab, den Schaden zu verursachen. Ebenso wenig ist die – missbräuchliche – Benutzung eines Betriebsmittels für die Annahme einer betrieblichen Veranlassung ausreichend. Durch das Merkmal der betrieblichen Veranlassung soll nach der Rechtsprechung des BAG nämlich sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber nicht mit dem allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers belastet wird.

 
Praxis-Beispiel

Allgemeines Risiko[4]

Es ist dem privaten Lebensbereich eines Arbeitnehmers zuzurechnen, wenn er aufgrund eines eigenständigen Entschlusses mit einem Gabelstapler auf dem Betriebsgelände fährt, ohne dass dieser Entschluss durch eine betrieblichen Zwecken dienende Tätigkeit auch nur veranlasst wurde. Ein lediglich räumlicher und zeitlicher Zusammenhang der Pflichtverletzung und der Arbeit ist unzureichend. Als betrieblich veranlasst wäre die Fahrt dagegen dann anzusehen, wenn der Arbeitnehmer z. B.mit dem Stapler auf dem Weg war, um entsprechend einem ihm erteilten Auftrag einen Lastkraftwagen zu entladen.

Ist die Tätigkeit, bei der es zum Schaden gekommen ist, vom Arbeitnehmer im Betriebsinteresse übernommen worden, spielt es für die Frage der betrieblichen Veranlassung keine Rolle, ob sie fehlerfrei oder fehlerhaft erledigt wurde. Insbesondere ist es bei betriebsbezogenem Handeln rechtlich ohne Belang, ob die Tätigkeit nicht so wie geschehen ausgeführt werden durfte. Der betriebliche Charakter der Tätigkeit geht auch nicht dadurch verloren, dass der Arbeitnehmer bei Durchführung der Tätigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt. Zwar liegen derartige Verhaltensverstöße nicht im Interesse des Arbeitgebers. Dem wird aber durch eine entsprechende Haftung des Arbeitnehmers Rechnung getragen. Für die betriebliche Veranlassung reicht es, dass die jeweilige Tätigkeit als solche dem vertraglich Geschuldeten entspricht, mag dies für die Durchführung auch nicht gelten.

Folgerichtig gelten die Privilegien der Arbeitnehmerhaftung dann nicht, wenn ein Arbeitnehmer das ihm überlassene Kraftfahrzeug seines Arbeitgebers während der bestimmungsgemäßen Fahrt zum oder vom Arbeitsplatz beschädigt (Wegeunfall). In diesem Fall haftet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber wie jeder Dritte.[5]

Auch außerhalb der Arbeitszeit kann jedoch ein betrieblich veranlasstes Handeln vorliegen. Nimmt z. B. eine Reinigungskraft bei einem Privatbesuch in der Nähe des Betriebs einen Alarmton wahr, geht in den Betrieb und beschädigt dabei ein Diagnosegerät, um den Alarmton abzuschalten, genießt sie die Haftungsprivilegierung.[6]

[1] Vgl. BAG, Vorlegungsbeschluss v. 12.6.1992, GS 1/89; BGH, Beschluss v. 21.9.1993, GmSOBG 1/93; Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe – GmS-OBG 1/93 und Großer Senat des BAG, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89.

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