Problematisch ist die Situation, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag für Vertragsänderungen die Schriftform vorgesehen haben. Ein konkludenter Verzicht auf Zugang einer Annahmeerklärung ist zwar auch bei Rechtsgeschäften, die der Schriftform unterliegen, möglich, sofern nicht gerade der mit dem Schriftformerfordernis verfolgte Zweck einen Zugang der Annahmeerklärung verlangt. Dies kann insbesondere bei solchen Vertragsänderungen angenommen werden, die für den Erklärungsgegner ausschließlich vorteilhaft sind.[1] Der Zweck der Schriftform besteht in der Regel darin, leichter Beweis führen zu können über die vorhandenen vertraglichen Regelungen und darin, vor leichtfertigen mündlichen Erklärungen zu schützen. Bietet der Arbeitgeber ausschließlich für den Arbeitnehmer günstige Leistungen unter Verzicht auf die Schriftform an, geht das BAG davon aus, dass es keiner ausdrücklichen Annahmeerklärung bedarf. Insoweit mache der Arbeitgeber deutlich, dass er auf die Einhaltung der Schriftform keinen Wert lege. Aus diesem Grund kann aus einem tatsächlichen Verhalten eine betriebliche Übung auf eine in der Regel zusätzliche Leistung entstehen, obwohl im Arbeitsvertrag für Änderungen/Ergänzungen Schriftform vereinbart war.[2] Das gilt sogar dann, wenn die Parteien bei Abschluss der an sich formbedürftigen Vereinbarung nicht an die Schriftform gedacht haben.[3] Außerdem haben nach § 305 b BGB Individualabreden immer Vorrang, auch wenn sie (nur) mündlich getroffen wurden. Dies gilt aber nicht ohne Weiteres für eine für den Empfänger nachteilige angestrebte Regelung. Dann muss der Erklärende erwarten, dass sein Erklärungsgegner sich darauf verlässt, dass er nachteilige Vertragsänderungen nur hinnehmen muss, wenn diese schriftlich zustande kommen.

Allerdings soll eine doppelte Schriftformklausel das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern können, soweit es sich bei der betrieblichen Übung nicht um eine individuelle Vereinbarung handelt.[4] Unter einer doppelten Schriftformklausel versteht man eine Klausel, die nicht nur Vertragsänderungen von der Schriftform abhängig macht, sondern auch die Änderung der Schriftformklausel ihrerseits einer besonderen Form unterstellt, indem sie die mündliche oder konkludente Aufhebung der Schriftformklausel ausdrücklich ausschließt. Eine so formulierte doppelte Schriftformklausel kann dann nicht durch eine die Schriftform nicht wahrende Vereinbarung abbedungen werden.[5] In der Verwendung gerade der doppelten Schriftformklausel wird nach Auffassung des BAG nämlich deutlich, dass die Vertragsparteien auf die Wirksamkeit ihrer Schriftformklausel besonderen Wert legen. Dies gilt sowohl für tarifliche als auch für arbeitsvertraglich vereinbarte Klauseln.[6]

Derartige Klauseln treten auch nicht nach § 305b BGB gegenüber einer betrieblichen Übung zurück, da eine betriebliche Übung keine individuell ausgehandelte Verpflichtung und somit gerade keine Individualabrede im Sinne von § 305b BGB darstellt. Eine etwaige betriebliche Übung würde dann gegen das Schriftformerfordernis verstoßen und wäre deshalb nach § 125 BGB nichtig.[7]

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