Eine Anrufungsauskunft gibt dem Arbeitgeber lediglich einen Vertrauensschutz. Sie bedeutet weder eine Entscheidung über den Steueranspruch noch eine Steuerfestsetzung. Das Betriebsstättenfinanzamt ist jedoch nunmehr an die von ihm erteilte Anrufungsauskunft gebunden. Wird dem Arbeitgeber vom Finanzamt eine falsche Auskunft erteilt, kann das Finanzamt später den Lohnsteuerabzug nicht beanstanden. Eine Haftung des Arbeitgebers scheidet insoweit aus.

5.1 Anrufungsauskunft gültig bis zum Widerruf

Die Auskunft kann nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.[1] Dies gilt nicht nur, wenn sich die der Auskunft zugrunde liegenden Bestimmungen oder die Rechtsprechung geändert haben, sondern auch dann, wenn die Rechtsauskunft fehlerhaft war. Die Vorschrift enthält für die Aufhebung bzw. Änderung einer Anrufungsauskunft keine eigene Korrekturbestimmung. Allerdings eröffnet der die Außenprüfung betreffende § 207 Abs. 2 AO die Möglichkeit, eine verbindliche Zusage mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben oder zu ändern. Eine Einschränkung ergibt sich lediglich aus dem Umstand, dass die Maßnahme in das Ermessen des Finanzamts gestellt ist.[2] Für die Aufhebung oder Änderung einer rechtmäßigen Anrufungsauskunft muss deshalb ein besonderer, sachgerechter Anlass gegeben sein. Ein solcher Anlass kann u. a. vorliegen, wenn sich die einschlägige BFH-Rechtsprechung ändert. Der Widerruf einer materiell-rechtlich zutreffenden Anrufungsauskunft ist ermessensfehlerhaft.[3]

Anders verhält es sich, falls die Auskunft einen Vorbehalt enthält. Hier kann ohne Ermessensentscheidung die Anrufungsauskunft jederzeit zurückgenommen bzw. geändert werden, allerdings auch hier nur für zukünftige Besteuerungszeiträume.

Solange ein Widerruf nicht erfolgt ist, bleibt das Finanzamt an seine Auskunft gebunden.

Die Bindung entfällt auch ohne förmlichen Widerruf, wenn sich die gesetzlichen Regelungen, auf die sich die Auskunft stützte, ändern.

5.2 Bindungswirkung nur im Lohnsteuerverfahren

Im Übrigen beschränken sich die Rechtswirkungen der Anrufungsauskunft durch das Betriebsstättenfinanzamt auf das Lohnsteuer-Abzugsverfahren.[1] Die Änderungssperre wirkt im Lohnsteuerverfahren gegenüber dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, unabhängig davon, wer von beiden die Anrufungsauskunft gestellt hat. Das Finanzamt kann daher die vom Arbeitgeber aufgrund einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer auch nicht vom Arbeitnehmer nachfordern.[2] Allerdings schließt sie eine Inanspruchnahme des Arbeitnehmers im Rahmen seiner persönlichen Einkommensteuer nicht aus. Sie entfaltet keine Bindungswirkung für das Veranlagungsverfahren.[3] Das hat z. B. zur Folge, dass das Wohnsitzfinanzamt des Arbeitnehmers bei der Veranlagung dieses Arbeitnehmers eine andere Auffassung vertreten kann, als sie das Betriebsstättenfinanzamt in einer dem Arbeitgeber oder Arbeitnehmer erteilten Anrufungsauskunft vertreten hat. Deshalb können die Finanzämter bei der Einkommensteuerveranlagung zum Nachteil der Arbeitnehmer eine andere, ungünstigere Rechtsauffassung vertreten.[4]

 
Wichtig

Arbeitnehmer: Verbindliche Auskunft des Wohnsitzfinanzamts einholen

Wer also gleichzeitig eine Steuernachforderung beim Arbeitnehmer vermeiden will, hat darauf zu achten, dass er die Anrufungsauskunft im Namen des Arbeitnehmers beim Betriebsstättenfinanzamt stellt und darüber hinaus bei dem für die Veranlagung zuständigen Wohnsitzfinanzamt.[5] Bei verbindlichen Auskünften des Wohnsitzfinanzamts fallen Gebühren an.[6]

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