Der Widerruf einer außer- oder übertariflichen Zulage ist für den Arbeitgeber die schwierigste Möglichkeit, die Zahlung dieser Zulagen einzustellen. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hat an den Widerruf sehr hohe Hürden geknüpft. Den Beschäftigten muss klar sein, welche Gründe zu einem Widerruf führen können. Weiter vertritt das BAG in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der widerrufliche Teil der Gesamtvergütung 25 % nicht übersteigen darf. Liegt der "freiwillige" Anteil an der Vergütung oberhalb dieser Grenze, sieht dies das BAG als Gegenleistung zur Arbeitsleistung an. Folge ist, dass der als freiwillig bezeichnete Entgeltbestandteil nicht als freiwilliger, sondern als verpflichtender Bestandteil des Gesamtentgelts anzusehen ist.[1] In der betrieblichen Praxis wird dagegen häufig die Ansicht vertreten, übertarifliche Zulagen seien uneingeschränkt ganz oder teilweise widerruflich. In Arbeitsverträgen wird eine übertarifliche Zulage oft als "jederzeit frei widerruflich" bezeichnet.

Eine solche Absprache ist nach den §§ 305 ff. BGB unwirksam (Vertragskontrolle bzw. AGB-Kontrolle). Es muss möglichst konkret in der Vereinbarung angegeben werden, unter welchen Voraussetzungen, mit welchen Gründen der Widerruf erfolgen kann.[2]

 
Praxis-Beispiel

Die übertarifliche Zulage wird freiwillig geleistet.

Als Sachgründe für einen Widerruf der Zulage kommen vor allem in Betracht:

  • Einführung eines neuen Entgeltsystems,
  • wirtschaftliche Notlage des Betriebs oder unseres Unternehmens,
  • unzureichende Leistungen des Mitarbeiters, insbesondere dann, wenn sie zuvor abgemahnt wurden,
  • Fehlverhalten des Mitarbeiters, insbesondere dann, wenn es zuvor abgemahnt wurde.

Die wirtschaftliche Notlage muss nicht näher beschrieben werden. Angesichts der Vielzahl von Möglichkeiten, aus denen sich eine wirtschaftliche Notlage ergeben könnte, ist es nicht erforderlich, hier konkretere Angaben zu machen.[3] Der Hinweis "aus wirtschaftlichen Gründen" wird jedoch nach dieser Entscheidung wohl nicht ausreichend sein. Das BAG geht davon aus, dass eine Ausnahmesituation vorliegen muss, um einen Widerruf zu rechtfertigen.

Wenn es sich um eine zweckgebundene Zulage handelt, dann kann diese auch wegen des Wegfalls des Zwecks widerrufen werden.

 
Praxis-Beispiel

Sie erhalten eine freiwillige Zulage i. H. v. ... EUR zum Ausgleich der Übernahme der zusätzlichen Tätigkeiten als EDV-Betreuer. Die Firma behält sich den Widerruf der Zulage bei Vorliegen eines sachlichen Grundes sowie die Anrechnung von Entgelterhöhungen jeglicher Art vor.

Die übertarifliche Zulage wird freiwillig geleistet.

Als Sachgründe für einen Widerruf der Zulage kommen vor allem in Betracht:

  • Beendigung der Übernahme der zusätzlichen Tätigkeit,
  • Einführung eines neuen Entgeltsystems,
  • wirtschaftliche Notlage des Betriebs oder unseres Unternehmens,
  • unzureichende Leistungen des Mitarbeiters, insbesondere dann, wenn sie zuvor abgemahnt wurden,
  • Fehlverhalten des Mitarbeiters, insbesondere dann, wenn es zuvor abgemahnt wurde.

Ferner begründet auch ein nach den vorstehenden Ausführungen an sich zulässiger Widerruf eines Vergütungsbestandteils noch kein Widerrufsrecht nach freiem Ermessen, sondern der Arbeitgeber muss sich nach § 315 Abs. 1 BGB im Rahmen billigen Ermessens halten (Ausübungskontrolle).

Im Übrigen kann aus Rechtsgründen der Widerruf eines Vergütungsbestandteils nur mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochen werden – anders als bei der rückwirkenden Anrechnung auf rückwirkende Entgelterhöhungen.

Zur Vermeidung etwaiger Risiken ist eine ausdrückliche und zu Beweiszwecken schriftliche Erklärung (Abmahnung) zu empfehlen, aus der sich Zeitpunkt, Umfang und Gründe für den Widerruf ergeben:

 

Ihre Fehlerquote

Sehr geehrte Frau …,

für den Zeitraum von … bis … haben wir bei Ihnen eine Fehlerquote von … % ermittelt. Sie setzt sich aus folgenden Einzelfehlern zusammen:

Die durchschnittliche Fehlerquote Ihrer Abteilung betrug in der Zeit … %. Um Fehler, dadurch notwendige Nacharbeiten sowie Kundenreklamationen auf das unvermeidliche Maß zu reduzieren, können wir bei allen Mitarbeiterinnen im Versand nur eine Fehlerquote von maximal … % tolerieren. Dieser Wert liegt auch der Ihnen bisher gezahlten übertariflichen Zulage zugrunde. Es liegt in Ihrem eigenen Interesse ab sofort so konzentriert zu arbeiten, dass Sie diesen Wert in den nächsten 3 Monaten, also bis zum … erreichen. Sollte Ihnen das nicht gelingen, werden wir zum seIben Zeitpunkt die Zulage mit sofortiger Wirkung widerrufen.

Mit freundlichen Grüßen

Grund für die vorgeschlagene Formulierung ist, dass das BAG die Auffassung vertritt, die Aufforderung in einer kündigungsrechtlichen Abmahnung könne nicht dahingehen, bestimmte Erfolge zu erzielen, sondern nur dahin, die persönliche Leistungsfähigkeit auszuschöpfen.[4] Das dürfte auch für eine Ankündigung gelten, in der der Widerruf einer übertariflichen Zulage angedroht wird.

Erfolgt eine Höhergruppierung aufgrund einer Änderung der tariflichen Gehaltsstruktur, so entspricht es billigem Ermessen...

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