Jede Partei kann den Arbeitsgerichtsprozess in der ersten Instanz selbst führen. Sie muss sich nicht vertreten lassen. Sie muss prozessfähig sein.[1] Das ist sie, wenn sie Prozesshandlungen selbst oder durch selbstbestellte Vertreter wirksam vornehmen oder entgegennehmen kann.

Parteien, die eine fremde oder ihnen zur Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, sofern sie nicht selbst gemäß § 11 Abs. 2 ArbGG vertretungsberechtigt sind.

2.1.1 Besonderes elektronisches Bürgerpostfach

Mit dem Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten erhalten seit dem 1.1.2022 natürliche Personen, juristische Personen sowie sonstige Vereinigungen das Recht, für die Übermittlung elektronischer Dokumente an Gerichte und Behörden ein besonderes elektronisches "Bürger- und Organisationenpostfach" (eBO) zu verwenden. Das eBO bietet einen sicheren Übermittlungsweg im elektronischen Rechtsverkehr.

Es ermöglicht den schriftformwahrenden elektronischen Versand von Dokumenten an Gerichte sowie die elektronische Zustellung von Gerichten an eBO-Nutzer.

Wesentliche Voraussetzungen sind, dass das das vom Teilnehmer verwendete eBO auf dem Protokollstandard OSCI oder einem diesen ersetzenden, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Protokollstandard beruht, bei dem

  • die Identität des Postfachinhabers festgestellt worden ist,
  • der Postfachinhaber in ein sicheres elektronisches Verzeichnis eingetragen ist,
  • sich der Postfachinhaber beim Versand eines elektronischen Dokuments authentisiert,
  • feststellbar ist, dass das elektronische Dokument vom Postfachinhaber selbst versandt wurde,
  • dessen Postfach über eine Suchfunktion verfügt, die es ermöglicht, den Postfachinhaber aufzufinden und
  • das barrierefrei im Sinne der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung ist.

Die Nutzung ist freigestellt. Im Übrigen bleibt es bei den bisherigen Zustellungsregeln.

2.1.2 Natürliche Personen

Natürliche Personen sind prozessfähig, wenn sie geschäftsfähig i. S. d. §§ 104 ff. BGB sind, mithin, wenn sie sich durch Vertrag selbst verpflichten können.[1]

Besondere Bedeutung kommt im arbeitsgerichtlichen Verfahren den § 112 und § 113 BGB zu. Nach § 112 BGB können gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes Minderjährige zum selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes ermächtigen, mit der Folge, dass ein so ermächtigter Minderjähriger hinsichtlich aller Rechtsgeschäfte, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt, geschäftsfähig ist. Der Minderjährige ist aktiv und passiv prozessfähig für Ansprüche, die den Abschluss und die Erfüllung von Arbeitsverträgen betreffen.

Wird ein Minderjähriger von seinem gesetzlichen Vertreter ermächtigt, Dienst- oder Arbeitsleistungen zu erbringen, ist er für alle Rechtsgeschäfte geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsvertrags der gestatteten Art oder die Erfüllung einer sich daraus ergebenden Verpflichtung betreffen.[2]

Der Umfang der Ermächtigung kann vom gesetzlichen Vertreter für ein Arbeitsverhältnis beschränkt werden, im Zweifel ist jedoch eine Ermächtigung zur Eingehung von Arbeitsverhältnissen der gleichen Art anzunehmen.[3]

Von einer solchen Ermächtigung nicht erfasst ist der Abschluss eines Ausbildungsvertrags. Maßgeblich hierfür ist, dass es sich bei einem Ausbildungsverhältnis um ein Erziehungsverhältnis handelt und der Schutz des Minderjährigen Vorrang hat.

Ist ein Ausländer nach dem Recht seines Staates prozessfähig, gilt die Prozessfähigkeit auch im deutschen arbeitsgerichtlichen Prozess.[4]

2.1.3 Juristische Personen

Juristische Personen sind nicht prozessfähig, sondern handeln über ihre gesetzlichen Vertreter, über die sie auskunftspflichtig sind.

Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ergibt sich die Vertretungsbefugnis aus Gesetz, Satzung oder sonstiger Anordnung.

Der Fiskus wird vertreten durch die zuständige Behörde, die wiederum von ihrem Leiter vertreten wird.

Sozialversicherungsträger werden von ihren Vorständen oder besonders Beauftragten vertreten.

Bei juristischen Personen des Privatrechts richtet sich die Vertretungsbefugnis nach der jeweiligen Rechtsform. Die GmbH wird vom Geschäftsführer nach § 35 GmbHG, die Aktiengesellschaft vom Vorstand nach § 78 AktG, die Genossenschaft vom Vorstand nach § 24 GenG, der Verein und die Stiftung vom Vorstand nach § 26 Abs. 2 BGB vertreten.

Bei der OHG richtet sich die Vertretungsbefugnis nach §§ 125 ff. BGB, bei der KG nach § 161, § 170 HGB. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ist nunmehr parteifähig gemäß § 50 ZPO.[1] Ihre Vertretung richtet sich nach gesellschaftsrechtlichen Regeln.[2]

Wenn eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden soll, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, hat der Vorsitzende des Prozessgerichts auf Antrag bis zum Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen, wenn mit dem Verzug Gefahr verbunden ist.[3]

Erforderlich ist ein Antrag der klägerischen Part...

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