Öffentliche Arbeitgeber sind verpflichtet, als schwerbehindert anerkannte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn diese sich um einen Arbeitsplatz beworben haben oder von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden sind.[1] Ein Verstoß gegen diese Pflicht gilt als Indiz für eine Benachteiligung wegen einer Behinderung und löst die Vermutungswirkung des § 22 AGG aus.[2]

Eine Einladung ist nur dann entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.[3] Dies ist nur der Fall, wenn die Eignung unzweifelhaft fehlt. Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Maßstab für die fachliche Eignung eines Bewerbers ist der Aufgabenbereich des zu besetzenden Arbeitsplatzes. Es kommt daher auf einen Vergleich zwischen dem fachlichen Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle und dem fachlichen Leistungsprofil des Bewerbers an.[4]

 
Achtung

Bewerbungen sorgfältig lesen!

Teilt ein Bewerber im Bewerbungsschreiben seine Schwerbehinderung mit, ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Bewerbungsschreiben bei seinem Eingang vollständig zur Kenntnis zu nehmen. Übersehen die für den Arbeitgeber handelnden Personen den Hinweis auf die Schwerbehinderteneigenschaft und verstößt der Arbeitgeber deshalb gegen seine Pflichten, wird auch in diesem Fall eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermutet. Die unterlassene Kenntniserlangung der in seinem Einflussbereich eingesetzten Personen wird dem Arbeitgeber als objektive Pflichtverletzung zugerechnet. Auf ein Verschulden der handelnden Personen kommt es nicht an.[5]

Hatte der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Eigenschaft des Bewerbers als Mensch mit Behinderung oder schwerbehinderter Mensch oder wird die Behinderung nicht bei einer persönlichen Begegnung offenkundig, muss der Bewerber den Arbeitgeber über die Behinderung informieren.[6] Von außen kommende Bewerber haben den Arbeitgeber über die (Schwer-)Behinderteneigenschaft grundsätzlich im Bewerbungsschreiben selbst zu informieren. Bei einer Schwerbehinderung i. S. d. SGB IX ist der Grad der Behinderung und ggf. eine Gleichstellung mitzuteilen.

Nach Auffassung des LAG Hamm ist ausreichend, wenn der Hinweis auf die Schwerbehinderung dergestalt erfolgt, dass am Ende eines Lebenslaufs unter der Überschrift "Besondere persönliche Merkmale" die Angabe "zu 80 % schwerbehindert" enthalten ist.[7]

Ein Indiz für eine Benachteiligung wegen Behinderung ist es auch, wenn bei der dem Arbeitgeber obliegenden Prüfung, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können, die Schwerbehindertenvertretung nicht i. S. d. § 164 Abs. 1 Satz 6 SGB IX i. V. m. § 178 Abs. 2 SGB IX beteiligt und vor der Besetzung der Stelle entgegen § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nicht frühzeitig mit der Bundesagentur für Arbeit Verbindung aufgenommen wurde.[8]

[5] BAG, Urteil v. 16.9.2008, 9 AZR 791/07 zu § 81 SGB IX in der bis 17.8.2006 geltenden Fassung.
[6] BAG, Urteil v. 26.9.2013, 8 AZR 650/09.
[8] BAG, Urteil v. 26.9.2013, 8 AZR 650/09 generell zur Vermutungswirkung bei einem Verstoß gegen die gesetzlichen Förderpflichten.

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