4.1 Verbot der geltungserhaltenden Reduktion

§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB regeln die Folgen der Unwirksamkeit oder Nichteinbeziehung von Vertragsklauseln: danach ist weder der gesamte Vertrag unwirksam, noch findet eine ergänzende Vertragsauslegung statt, um die entstandene Lücke zu füllen, sondern es gelten die gesetzlichen Vorschriften.

Im Falle der Unwirksamkeit der Bestimmung entfällt nur der unwirksame Teil der Vertragsklausel, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung ("soweit") ergibt. Soweit die Klausel im Übrigen noch einen eigenständigen Sinn hat, bleibt sie wirksam. Das ermitteln die Arbeitsgerichte ggf. durch den sogenannten "blue pencil test", indem der unwirksame Teil der Klausel gestrichen wird und dann beurteilt wird, ob der Rest der Regelung noch einen Sinn hat.[1]

Aus der vom Gesetz angeordneten Folge, dass bei Unwirksamkeit einer Klausel die gesetzliche Regelung gilt, ist das sog. Verbot der geltungserhaltenden Reduktion nach § 306 Abs. 2 BGB einer Klausel abzuleiten, von dem auch das Bundesarbeitsgericht in gefestigter Rechtsprechung ausgeht[2]: Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Unwirksamkeit der Klausel tragen.

Danach kann eine unwirksame Bestimmung nun nicht mehr auf ein zulässiges Maß zurückgeführt werden, sondern sie ist insgesamt unwirksam (zur Rechtsprechung bei Altverträgen vgl. den folgenden Abschnitt). Da es im Arbeitsrecht oftmals insgesamt an einer gesetzlichen Regelung fehlt, z. B. bei Rückzahlungsklauseln, die es in gesetzlicher Form nicht gibt, entfallen solche Klauseln ersatzlos, sodass bei ihrer Unwirksamkeit eine besonders nachteilige Folge für den Arbeitgeber eintritt.

4.2 Vertrauensschutz für Altverträge

Für Altverträge, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden, hat das BAG im Jahr 2005 entschieden, dass eine ergänzende Vertragsauslegung zur Ausfüllung der sich aus einer unwirksamen AGB ergebenden Vertragslücke in Betracht kommt.[1] Anschließend schränkte das BAG eine ergänzende Vertragsauslegung für Altverträge jedoch wieder ein. Eine ergänzende Vertragsauslegung soll dann nicht stattfinden, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 1.1.2000 in einem Teilbereich abgeändert wurde, ohne jedoch in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Anpassung der unwirksamen Klauseln vorzunehmen.[2] Zudem scheint das BAG noch weitergehend dahin zu tendieren, dass eine ergänzende Vertragsauslegung bereits ausscheidet, wenn der Arbeitgeber bei Altverträgen nicht bis zum 31.12.2002 den Versuch einer Anpassung der jeweiligen Klausel an die Vorgaben der §§ 305 ff. BGB unternommen hat.[3]

4.3 Möglichkeiten der "Reparatur" unwirksamer Vertragsklauseln

Stellt sich hingegen heraus, dass eine Klausel in einem Arbeitsvertrag unwirksam ist, stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, den Arbeitsvertrag nachträglich so zu gestalten, dass er einen wirksamen Regelungsinhalt erhält. Die praktische Notwendigkeit besteht vor allem deshalb, weil aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion in § 306 Abs. 2 BGB (s. o.), die unwirksame AGB nicht auf ein rechtlich zulässiges Maß zurückgeführt werden.[1]

Beispiel:

In einem Formulararbeitsvertrag ist ein unwirksamer Rückzahlungsvorbehalt vereinbart. Ohne Anpassung des Vertrags mit dem Ziel eines wirksamen Rückzahlungsvorbehalts gilt gar kein Rückzahlungsvorbehalt, obwohl in bestimmten zeitlichen Grenzen Rückzahlungsvorbehalte durchaus zulässig sind.

Folgende Möglichkeiten der Vertragsanpassung sind zu diskutieren:

  • Eine Änderungskündigung – sie scheidet nach überwiegender Auffassung aus, da es an einem betrieblichen Änderungskündigungsgrund fehlt, zumal es der Arbeitgeber war, der eine gesetzeswidrige Klausel verwendet hat.
  • Einvernehmlicher Änderungsvertrag – dieser setzt natürlich die Zustimmung des Arbeitnehmers voraus und auch dieser Vertrag unterliegt wieder der AGB-Kontrolle. Erreichen lässt sich das ggf. im Zusammenhang mit allgemeinen Vertragsumgestaltungen, z. B. anlässlich einer neuen Aufgabe, Beförderung oder Vergütungserhöhung.

Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass der Arbeitgeber nur eingeschränkt rechtliche Möglichkeiten hat, Fehler in der Vertragsgestaltung zu reparieren, sondern auf sein Verhandlungsgeschick angewiesen ist.

Das gilt auch bei vertraglichen Einheitsregelungen (d. h. gleiche einzelvertragliche Regelungen, die der Arbeitgeber mit allen oder mit einer Vielzahl seiner Arbeitnehmer vereinbart, oft identisch mit einer Gesamtzusage, denn auch diese sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Durch den Abschluss eines Haus- oder Firmentarifvertrags mit einer Gewerkschaft oder einer Betriebsv...

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