Nun ist Agilität kein neues Thema, sondern existiert bereits seit fast 70 Jahren in unterschiedlichen Facetten und Ausprägungen[14]. Man kann dabei grob 3 Stufen der Entwicklung mit dem Thema Agilität in Unternehmen unterscheiden.

1. Stufe: 1950

Zum einen gibt es seit den 1950er Jahren Literatur aus dem Bereich der Organisationstheorien[15], die sich mit der Frage der Anpassungsprozesse von Unternehmen an ihre Umwelt sowie dem "Überleben" und "Sterben" von Unternehmen befassen[16]. Diese beinhalten bereits wesentliche Grundgedanken der heutigen Praxis in agilen Unternehmen und postulieren zentrale Unternehmensaufgaben, wie die Anpassung an die Umwelt, das Erreichen von Zielen, die Integration von Interessen unterschiedlicher Gruppen sowie das Überleben als Unternehmen.

2. Stufe: 1990

Zum anderen sind zahlreiche Publikationen zum Thema Agilität ab den frühen 1990er Jahren erschienen. Förster und Wendler[17] führen dies auf den 1991 erschienenen Bericht "21st Century Manufacturing Enterprise Strategy" des Iacocca Institutes der Lehigh Universität zurück. Dieser beruht auf mehrjähriger Forschungstätigkeit des Instituts und löste in den Folgejahren weitere Forschungsaktivitäten zum Thema Agilität aus. Erforscht wurden z. B. die schnelle Produktentwicklung (Simultaneous Engineering), multi-funktionale Teams und die ständige Optimierung der Produktionsabläufe während des Prozesses[18]. Oftmals steht dabei zur Verbesserung der Agilität innerhalb der Produktion die Wandlungsfähigkeit der Technik bzw. der Betriebsmittel im Vordergrund. Einige Autoren führen diesen Gedanken jedoch weiter und bringen ihn in eine systemische Betrachtungsweise. In ihrem Verständnis wird die alleinige Adaption der agilen Technik (wandlungsfähiges Produktionsequipment) den Anforderungen an ein ganzheitliches agiles Produktionssystem nicht genügen. Um ein agiles Produktionssystem zu etablieren, müssen dazu intern verschiedene Handlungsfelder berücksichtigt werden[19]. Es kann somit vermutet werden, dass ein Unternehmen nur dann agil werden kann, wenn es einen Gleichklang in allen 3 Bereichen des TOM-Modells (Technik, Organisation, Mensch) erreicht. Eine agile Technik wird keinen Vorteil bringen, wenn sie in einer nicht-agilen Organisation mit Menschen eingesetzt werden soll, die ebenfalls keine Kompetenzen und keine Haltung zum agilen Handeln mitbringen[20].

3. Stufe: 2001 – heute

Und aktuell findet sich Agilität unter der Überschrift der agilen Softwareentwicklung und verstärkt durch Methoden wie SCRUM wieder. Dabei gibt es mit der Formulierung des sog. "agilen Manifests in der Softwareentwicklung"[21] eine Art Handlungsorientierung, nach welchen Prinzipien die Entwicklung von Software gestaltet sein sollte, damit sie als agil zu bezeichnen ist und die damit postulierten Vorteile tatsächlich auch zum Tragen kommen. Die Grundlogik ist dabei, lange Planungszeiträume mit vielen Redundanzen während der Umsetzung zu verhindern und vielmehr schnellere Zyklen der Veränderung mit kurzfristigen Ergebnissen und ständiger Überprüfung am tatsächlichen Kundenwunsch zu erzielen.

[14] Häusling, A., & Fischer, S. (2016). Mythos Agilität – oder Realität. Personalmagazin, 4, S. 30–33.
[15] Parsons, T. (1951). The social System. Glencoe: The Free Press
[16] Hannan, M., & Freeman J. (1989). Organizational Ecology. Cambridge: Harvard University Press.
[17] Förster, K. & Wendler, R. (2012). Theorien und Konzepte zu Agilität in Organisationen. Dresden. (Dresdner Beiträge zur Wirtschaftsinformatik, Nr. 63/12).
[18] Vázquez-Bustelo, D., Avella, L. & Fernández, E. (2007). Agility drivers, enablers and outcomes. In: International Journal of Operations & Production Management, Vol. 27, S. 1303–1332, S. 1313.
[19] Vgl. Crocitto, M., & Youssef, M. (2003). The human side of organizational agility. Industrial Management & Data Systems, 103(6), S. 388–397.
[20] Bullinger, H., Wörner, K., & Prieto, J. (1998). Wissensmanagement. Modelle und Strategien für die Praxis. In H. D. Bürgel (Hrsg.), Wissensmanagement. Schritte zum intelligenten Unternehmen (S. 21–39). Berlin, Springer.

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