Soweit so schlimm und auch so bekannt. Wie sieht es nun aber in agilen Organisationen aus? Hier hat sich die Führungsrolle radikal verändert. Führungskräfte verstehen sich nunmehr als "Dienstleister" ihrer Mitarbeiter, obgleich vielleicht nicht im Wortsinn. Vielmehr machen sie es sich zur Aufgabe, den Mitarbeitern optimale Arbeitsbedingungen und Voraussetzungen zu ermöglichen, sodass diese ihre bestmögliche Leistung erbringen können, um den größtmöglichen Erfolg der Organisation zu erzielen. Das Führungsverständnis agiler Führungskräfte basiert hier also auf dem Bestreben, Mitarbeiter gezielt und stärkenorientiert zu fördern und auch stärkenbasiert einzusetzen, um den Mitarbeitern Erfüllung im Job und der Organisation bestmögliche Leistung zu bieten. "Empowerment", also die Ermächtigung der Mitarbeiter zum eigenverantwortlichen Handeln, ist das Schlüsselwort in diesem Zusammenhang und eine der neuen Kernaufgaben für Führungskräfte im agilen Kontext. Sie überlassen die Mitarbeiter aber durch die Ermächtigung nicht einfach ihrem Schicksal, sondern sind weiterhin da, um ihnen Orientierung zu geben und Leitlinien zu setzen, die den Mitarbeitern Halt verleihen.

Hierzu bedarf es vonseiten der Führungskräfte eines neuen Verständnisses vom Mitarbeiter. Während in klassischen Organisationen unter den Führungskräften das McGregorsche Menschenbild X handlungsleitend ist[4], bei dem der Theorie nach der Mensch per se unwillig ist zu arbeiten, anspruchslose Aufgaben bevorzugt und Verantwortung scheut, dominiert in agilen Organisationen das Menschenbild Y, demnach Menschen per se ehrgeizig und bereit sind, auch größere Anstrengungen zur Zielerreichung in Kauf zu nehmen, Freude daran haben, Leistung zu bringen, und Arbeit als Möglichkeit zur Selbstverwirklichung verstehen. Dieses radikal veränderte, deutlich positivere Menschenbild bedingt auch vollkommen neue Werte, die Führungskräfte in die agile Organisation miteinbringen, indem sie diese in der Wahrnehmung der anderen Personen anwenden. Zu diesen Werten gehören Kooperationsbereitschaft, Mut, Offenheit, Transparenz und Respekt, die nun auch zu den zentralen Werten der Führungskräfte werden und nicht von ungefähr eine große Schnittmenge mit den zentralen Scrum-Werten aufweisen.

[4] Vgl. McGregor, Douglas (2006) The Human Side of Enterprise, Annotated Edition McGraw-Hill Education.

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