Scheinbewerber/AGG-Hopper
Sogenannte Scheinbewerber gehören nicht zu den geschützten Personen. Bewerber, deren Bewerbung nicht die Einstellung, sondern lediglich die Erlangung des Bewerberstatus bezweckt, können sich also nicht mit Erfolg auf den Schutz des AGG berufen. Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche sind unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen, wenn dem Bewerbungsschreiben oder weiteren Umständen zu entnehmen ist, dass der Bewerber seine Ablehnung provozieren wollte, oder wenn sich aufgrund anderer erfolgloser Bewerbungen ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Bewerbers feststellen lässt, das auf die Erzielung von Gewinn gerichtet ist.
Die Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauchseinwand gemäß § 242 BGB hat im Jahr 2023 einen neuen Grad der Ausdifferenzierung erfahren. Das LAG Hamm hat einen Fall entschieden, mit dem es Gelegenheit hatte, die Anforderungen an die Rechtsmissbräuchlichkeit zu präzisieren. Der Kläger ist gelernter Industriekaufmann und gab in der Klageschrift an, Wirtschaftsrecht zu studieren. Wie das typisch ist für AGG-Hopper, bewarb er sich bereits in der Vergangenheit auf mehrere diskriminierungsverdächtige Stellen und klagte anschließend.
Aus verlorenen Prozessen zog er Lehren. Rechtsmissbrauchsmerkmale, die Gerichte in vorherigen Prozessen erkannten, bemühte sich der Kläger zu reduzieren. Dabei ging es ihm darum, das "Optimum" zwischen Seriosität und Aussichtslosigkeit der Bewerbung zu erreichen. Die Bewerbungsunterlagen blieben stets und bewusst auf niedrigem Niveau. Das sollte gewährleisten, dass der Bewerber abgelehnt würde. Bewerbungen, die offensichtlich nicht ernst gemeint sind, geraten schnell in den Verdacht, rechtsmissbräuchlich zu sein. Wollte der Bewerber die Stelle gar nicht, kann auch keine Rede von einem Schaden sein, wenn ihn der Arbeitgeber ablehnt. Das heißt, ein AGG-Hopper, der mit seiner Entschädigungsklage gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG Erfolg haben will, muss den Eindruck erwecken, dass er die Stelle wirklich wollte. Gleichzeitig muss er aufpassen, dass die Bewerbung nicht "zu gut" ist, weil es ansonsten dazu kommen könnte, dass der Arbeitgeber ihm die Stelle anbietet.
Als Ausblick für die ausstehende Entscheidung des BAG bleibt festzuhalten, dass nach dessen Grundsätzen eine unseriöse Bewerbung nicht automatisch rechtsmissbräuchlich ist, ebenso wenig wie eine seriöse Bewerbung rechtskonform ist. Überdies können weder aus der objektiven Eignung noch aus der bewerberseitigen Ablehnung eines Bewerbungsgesprächs sichere Schlüsse gezogen werden. Letzteres nicht einmal dann, wenn der Kläger eine Diskriminierung beim Arbeitgeber geltend macht und dieser ihn anschließend zu einem Gespräch einlädt.