1.3.1 Geltungsbereich des § 2 KSchG

Die Bestimmung des § 2 KSchG, wonach die vom Arbeitgeber mittels einer Kündigung bezweckte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sein muss, gilt nur für solche Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen.[1] Keinen Änderungsschutz haben daher solche Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung noch nicht 6 Monate bestanden hat, und Arbeitnehmer in sog. Kleinbetrieben i. S. d. § 23 Abs. 1 KSchG.

1.3.2 Prüfungsmaßstab

Maßgeblicher Prüfungsmaßstab bei der Änderungskündigung ist nicht die Frage, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozial gerechtfertigt ist, sondern ob die vom Arbeitgeber beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist oder nicht.[1] Dieser Prüfungsmaßstab gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht oder nicht rechtzeitig annimmt.[2]

Dabei erfolgt die Prüfung in 2 Stufen, die üblicherweise mit dem "Ob" (Kündigungskomponente) und dem "Wie" (Änderungskomponente) bezeichnet werden.

In der ersten Stufe (Kündigungskomponente: "Ob") geht es bei einer ordentlichen, vom Arbeitgeber veranlassten Änderungskündigung um die soziale Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 Abs. 1 und 2 KSchG. Sozial ungerechtfertigt ist eine Änderungskündigung somit dann, wenn die vom Arbeitgeber beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

Dies setzt bei einer ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb überhaupt oder zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist.[3]

In der zweiten Stufe (Änderungskomponente: "Wie") ist das Änderungsangebot daran zu messen, ob es durch die Kündigungsgründe bedingt ist und ob sich der Arbeitgeber darauf beschränkt, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer "billigerweise" hinnehmen muss. Hier findet jedoch keine Billigkeitskontrolle statt. Vielmehr ist zu prüfen, ob die vorgeschlagene Vertragsänderung geeignet und erforderlich ist, den Inhalt des Arbeitsverhältnisses den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen.[4] Die angebotenen Vertragsänderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsvertrags entfernen, als es zur Erreichung des angestrebten Zwecks unter Berücksichtigung des Inhaltsschutzinteresses des Arbeitnehmers unbedingt erforderlich ist. Nicht hinnehmen muss der Arbeitnehmer eine vorgeschlagene Vertragsänderung, die so unbestimmt gefasst ist, dass daraus nicht erkennbar hervorgeht, welche Arbeitsleistung er zukünftig erbringen soll.[5]

Gibt es mehrere freie Arbeitsplätze, muss der Arbeitgeber den anbieten, der dem bisherigen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers in der Gesamtheit der Arbeitsbedingungen am nächsten kommt. Ist eine Weiterbeschäftigung zu weniger einschneidenden Bedingungen möglich, ist die Änderungskündigung unwirksam.[6]

 
Praxis-Beispiel

Kündigung zur Änderung mehrerer Vertragsklauseln

Der Arbeitgeber hat aus Wirtschaftlichkeitsgründen entschieden, eine Betriebsstätte zu schließen. Den dort beschäftigten Arbeitnehmern spricht er ordentliche Änderungskündigungen aus, verbunden mit dem Angebot, nach Ablauf der Kündigungsfrist am 250 km entfernten Hauptsitz des Unternehmens zu arbeiten. Im entsprechend umgeänderten Arbeitsvertragsentwurf ist zusätzlich neu eine Vertragsstrafenregelung enthalten.

Lösung:

Die Änderungskündigung ist unwirksam, weil die Vertragsstrafenregelung nicht zur Erreichung des angestrebten Zwecks (Umzug) unbedingt erforderlich ist.

Das Angebot, außerhalb der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes als "freier Mitarbeiter" weiter zu arbeiten, ist aber kein milderes Mittel gegenüber einem Angebot, als Arbeitnehmer zu schlechteren Arbeitsbedingungen tätig zu sein.[7]

Zudem ist das Änderungsangebot darauf zu überprüfen, ob es gegen zwingendes höherrangiges Recht verstößt. Verstößt z. B. ein Änderungsangebot gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, ist es unwirksam und damit auch die gesamte Änderungskündigung. Auch eine Änderungskündigung, die auf einer tarifwidrigen Arbeitszeitgestaltung beruht, ist sozial ungerechtfertigt.[8]

Betrifft das Änderungsangebot mehrere Punkte, muss die soziale Rechtfertigung für jeden einzelnen Punkt geprüft werden. Genügt nur ein Punkt der beabsichtigten Änderungen nicht, ist die gesamte Änderungskündigung unwirksam.[9]

Bei einer Änderungskündigung bedarf es einer sorgfältigen und umfassenden Abwägung des Interesses des Arbeitgebers an der Änderung gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen. Im Rahmen der Interessenabwägung ist insbesondere zu prüfen, ob die Gründe es als billigenswert und angemessen erscheinen ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge