2.1 Kein Verschulden des Arbeitgebers

Ist der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben, so ist auch der Abzug der Arbeitnehmeranteile über die letzten 3 Entgeltzahlungszeiträume hinaus zulässig.

2.1.1 Unterlassener Abzug aufgrund Rechtsirrtum

Ein unterlassener Abzug aus bloßem Rechtsirrtum heraus ist dafür jedoch nicht ausreichend. Gedacht ist vielmehr an Fälle des unterlassenen Abzugs, z. B. wegen einer unrichtigen Auskunft vom Versicherungsträger oder an nicht richtige oder unvollständige Unterrichtung des Arbeitgebers durch den Beschäftigten über Umstände, die für die Beurteilung der Versicherungs- und Beitragspflicht bedeutsam sind.

 
Hinweis

Arbeitgeber berücksichtigt Auffassung des obersten Gerichtshofs

Lässt die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes die Rechtsauffassung erkennen, dass eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern nicht versicherungspflichtig ist, so kann einem Arbeitgeber kein Schuldvorwurf i. S. d. § 28g Satz 3 SGB IV gemacht werden, wenn er bis zum Abschluss eines sozialgerichtlichen Musterprozesses für solche Arbeitnehmer keine Beitragsanteile zur Sozialversicherung einbehält und entrichtet. Ist allerdings in diesem Musterprozess die Versicherungspflicht der betreffenden Arbeitnehmer bejaht worden, muss der Arbeitgeber eine weitere Untätigkeit nach Bekanntwerden der höchstrichterlichen Entscheidung gegen sich gelten lassen.[1]

Ein Verschulden des Arbeitgebers ist auch bereits anzunehmen, wenn er bei zweifelhafter Rechtslage nicht an geeigneter Stelle eine Auskunft über die Beurteilung einholt.[2] Die geeignete Stelle ist i. d. R. die Einzugsstelle.

2.1.2 Streit über die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung

Die Rechtsprechung[1] hat auch entschieden, dass der Verschuldenstatbestand auch dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber zunächst die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung der Einzugsstelle bestritten und aus diesem Grund keinen Beitragsabzug vorgenommen hat.

 
Praxis-Tipp

Im Zweifelsfall Beiträge einbehalten

Ist der Arbeitgeber über die Beitragsforderung mit der Einzugsstelle im Streit, empfiehlt es sich, vorsorglich für alle Fälle die Arbeitnehmeranteile von dem Entgelt des Arbeitnehmers einzubehalten. Behält der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile nicht ein und stellt sich heraus, dass die Beurteilung der Krankenkasse korrekt war, hat er nicht mehr die Möglichkeit, auf die Arbeitnehmeranteile über das Vermögen des Arbeitnehmers zurückzugreifen.

Selbst wenn nachträglich Versicherungspflicht erkannt wird und die noch nicht verjährten Beiträge nacherhoben werden, hat der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer zu tragenden Beitragsteile noch vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend zu machen.[2] Die Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 SGB IV ist auch bei nachträglicher Beitragserhebung auf das Einbehaltungsrecht des Arbeitgebers entsprechend anzuwenden.[3]

2.2 Keine Erstattung der Arbeitnehmeranteile bei Vermerk des Betriebsprüfers

Kann der Arbeitgeber die Beiträge vom Beschäftigten nicht mehr erhalten, bleibt er mit dem Arbeitnehmeranteil selbst belastet (sog. Lastenverschiebung). Es besteht auch kein sozialrechtlicher Anspruch auf Ersatz der Arbeitnehmeranteile durch die Einzugsstelle[1], wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Vermerks des Betriebsprüfers auf der Gehaltsabrechnung eines Beschäftigten von Versicherungsfreiheit ausgegangen ist und die Arbeitnehmeranteile deshalb nicht einbehalten hat.

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