Eine Art "Abfindungsanspruch" kann sich aus § 113 BetrVG ergeben. Weicht der Arbeitgeber von einem Interessenausgleich ohne zwingenden Grund ab oder führt er eine Betriebsänderung durch, ohne einen Interessenausgleich zu versuchen, sind den Arbeitnehmern die entstehenden Nachteile auszugleichen. Durch diese Vorschrift soll der Arbeitgeber durch Androhung finanzieller Sanktionen zur Durchführung des vorgesehenen Interessenausgleichsverfahrens und zur Einhaltung der durch den Interessenausgleich vereinbarten Absprachen angehalten werden. Bei Verlust des Arbeitsplatzes steht dem Arbeitnehmer in diesen Fällen ein individueller, einklagbarer Anspruch auf eine Abfindungszahlung zu.

Nach Eingang einer entsprechenden Leistungsklage entscheidet sodann das zuständige Arbeitsgericht im Urteilsverfahren. Eine Klagefrist – insbesondere die des § 4 KSchG – ist nicht einzuhalten. Der Klageantrag ist gerichtet auf Verurteilung des beklagten Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung, deren Höhe ins pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gelegt wird..

Die Bemessung der Abfindungshöhe gemäß § 113 Abs. 1 2. Halbsatz BetrVG i. V. m. § 10 KSchG hat unter Berücksichtigung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit zu erfolgen. Bei der Ermessensentscheidung sind die Arbeitsmarktchancen und das Ausmaß des betriebsverfassungswidrigen Verhaltens zu beachten. Der Sanktionscharakter der Abfindung führt dazu, dass der Abfindungsanspruch nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit oder individuellen Leistungsbereitschaft des Arbeitgebers abhängt.[1]

Als Berechnungsgrundlage für die Höhe der Abfindung kann auch die Regelung zum "Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung" (§ 1 a Abs. 2 KSchG) herangezogen werden.[2]

Die für die Bemessung der Abfindung maßgeblichen Umstände (insbesondere Höhe des Monatsverdienstes, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter) sind vom Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen.

Abfindungen nach § 113 BetrVG werden grundsätzlich so behandelt wie Abfindungen nach § 10 KSchG. Dies gilt insbesondere für das Steuer- und Sozialversicherungsrecht sowie den Pfändungsschutz.

Da der gesetzliche Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG ebenso wie eine Sozialplanabfindung den Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile infolge einer Entlassung aufgrund einer Betriebsänderung bezwecken, kann der Arbeitgeber eine Sozialplanabfindung auf den einem Arbeitnehmer geschuldeten Nachteilsausgleich anrechnen.[3]

Einer solchen Verrechnung des Nachteilsausgleichs mit einer Sozialplanabfindung steht auch die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20.7.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (MERL) auch dann nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber bei einer Massenentlassung gemäß § 17 KSchG seine Konsultationspflicht gemäß § 17 Abs. 2 KSchG verletzt hat.[4]

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