Zusammenfassung

 
Überblick

Digitalisierung, Flexibilisierung, Innovation und Prozessbeschleunigungen sind zentrale Merkmale der Arbeitswelt 4.0. Doch neben Potenzialen birgt die moderne Arbeitswelt auch einige Risiken. Beispielsweise eröffnet räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten einerseits die Möglichkeit, die Arbeitsaufgaben selbstbestimmt einzuteilen. Andererseits führt die Flexibilität oft dazu, dass Pausen vernachlässigt und die eigenen Leistungsgrenzen überschritten werden[1]. So führen die gegenwärtigen Arbeitsbedingungen und die Arbeitsorganisation dazu, dass psychische Erkrankungen das Krankheitsgeschehen in den letzten Jahren in Deutschland dominieren. Laut dem Fehlzeitenreport 2020 gingen im Jahr 2019 11,9 % aller Fehlzeiten auf psychische Erkrankungen zurück.[2]

In der gegenwärtigen Diskussion um psychische Belastungen und Anforderungen in der Arbeitswelt scheint es umso wichtiger zu sein, für ausreichende Erholungs- und Stressbewältigungsmaßnahmen sowie Distanzierungsfähigkeit bei Führungskräften und Mitarbeitenden zu sorgen. Dies gelingt mithilfe von Achtsamkeitstraining.

[1] Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2016): Neue Formen der Arbeit. Neue Formen der Prävention. Arbeitswelt 4.0: Chancen und Herausforderungen. Berlin: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung.
[2] Meyer/Wiegand/Schenkel (2020): Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2019. In Badura/Ducki/Schröder/Klose/Meyer (Hrsg.): FEHLZEITEN-REPORT 2020. Gerechtigkeit und Gesundheit (S. 365–444). https://doi.org/10.1007/978-3-662-61524-9_23.

1 Achtsamkeit und Achtsamkeitstraining

Der Begriff der Achtsamkeit ist in aller Munde. Doch nicht alle verwenden ihn korrekt oder können das Konstrukt der Achtsamkeit ganzheitlich einordnen. "Achtsamkeit? Nein, danke. Esoterik ist nichts für mich." – so heißt es in manchen Gesprächen. Natürlich steht Achtsamkeit in Verbindung mit Spiritualität. Immerhin geht sie auf die Lehren von Buddha zurück. Doch hier kommt das große ABER: Spiritualität und Achtsamkeit haben nichts mit "Magie" oder "Zauberei" zu tun. Achtsamkeit können Sie erlernen. Zudem sind die positiven Effekte von Achtsamkeitstrainings wissenschaftlich mehrfach belegt (s. Abschn. 2).

1.1 Definition Achtsamkeit

Jon Kabat-Zinn ist Begründer des weltweit bekannten Programms der Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR) (deutsch: Achtsamkeitsbasierte Stress-Reduktion). Dieses Programm wird heute in Unternehmen und Institutionen unterschiedlicher Branchen umgesetzt. Der MBSR-Verband Schweiz definiert auf seiner Homepage den Achtsamkeitsbegriff wie folgt: "Achtsamkeit kann als klares und nicht-wertendes Gewahrsein dessen bezeichnet werden, was in jedem Augenblick geschieht. Sie ermöglicht uns, Körperempfindungen, Gedanken, Gefühle und alle anderen Wahrnehmungen, ob angenehm, unangenehm oder neutral, zu erfahren und so zu akzeptieren, wie sie sind – das Leben also tatsächlich zu erleben, wie es sich von Augenblick zu Augenblick entfaltet."[1]. Kurz gesagt ist Achtsamkeit das bewusste, wertfreie Wahrnehmen des gegenwärtigen Moments.

1.2 Effekte des Achtsamkeitstrainings

Die positiven Effekte eines Achtsamkeitstrainings sind sowohl für den therapeutischen Bereich, als auch den privaten sowie beruflichen Alltag, in zahlreichen Forschungsarbeiten belegt. Möltner, Leve und Esch[1] leiten ihre Forschungsarbeit zum Thema "Burnout-Prävention und mobile Achtsamkeit" ein mit der Darstellung der zentralen Effekte des Achtsamkeitstrainings, welche wissenschaftlich nachgewiesen sind:

  • erhöhtes Arbeitsengagement,
  • erhöhte Arbeitszufriedenheit,
  • gesteigerte Kreativität,
  • Verringerung der emotionalen Erschöpfung,
  • Förderung der emotionalen Intelligenz und
  • Erhöhung der Selbstwirksamkeit.

Achtsamkeitstraining führt dazu, dass die Trainierenden besser mit stressigen Situationen umgehen können. So zeigte eine Studie, dass die Teilnehmenden der Achtsamkeitstrainingsgruppe weniger emotionale Erschöpfung erlebten als Teilnehmende der Kontrollgruppe.[2] In einer weiteren Studie zur Wirksamkeit eines Achtsamkeitstrainings zeigten Hülsheger, Feinholdt und Nübold (2015) positive Effekte auf die Schlafqualität und die Schlafdauer. Personen, die sich regelmäßig in Achtsamkeit üben, haben nicht nur eine größere Stresstoleranz, sie haben auch eine höhere Selbstwirksamkeit.[3]

Unter Selbstwirksamkeit (self-efficacy) im Sinne von Bandura wird die subjektive Überzeugung, dass man mit den eigenen Fähigkeiten in einer bestimmten Situation erfolgreich sein kann, verstanden.[4] Das Achtsamkeitstraining stärkt somit auch das Vertrauen in uns selbst und in unsere Fähigkeiten. Dies beinhaltet einerseits, unsere Stärken zu kennen und zu nutzen (Selbstvertrauen). Andererseits übernehmen wir Selbstverantwortung, indem wir lernen, die eigenen Schwächen zu verstehen und zu akzeptieren sowie bei Misserfolgen das Positive, den Lerneffekt, zu sehen.

Das Achtsamkeitstraining hat nicht nur positive Effekte auf unser direktes Wohlbefinden, sondern es erhöht bei regelmäßiger Anwendung auch die emotionale Intelligenz und somit unser Sozialverhalten. Lehner und Weihe (2019...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Gold. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge