Preisfrage: Wer erhält die Energiepreispauschale?

Die Energiepreispauschale ist ja grundsätzlich eine lobenswerte Idee, findet unsere Kolumnistin Christiane Droste-Klempp. Doch warum nur werden bei der Ausarbeitung nicht Personen aus der Praxis hinzugezogen, um die Umsetzung weniger komplex und arbeitsintensiv zu gestalten?

Wir stellen uns ein Unternehmen in Bayern mit rund 100 Arbeitnehmenden vor. Hiervon sind zehn Arbeitnehmende in einem Mini-Job-Arbeitsverhältnis, fünf Beschäftigte befinden sich aktuell in Elternzeit, zwei in der Freistellungsphase der Altersteilzeit, weitere zwei sind krank in Lohnfortzahlung und ein Arbeitnehmer befindet sich im Krankengeldbezug. Dann gibt es noch eine Geschäftsführerin, zwei Grenzgänger, die ihren Wohnsitz in Österreich haben, und aus alten Zusagen werden an vier ehemalige Arbeitnehmende Betriebsrenten ausgezahlt. Bei den restlichen Personen handelt es sich um ganz "normale" Arbeitnehmende.

Und, was meinen Sie: Wer aus diesem Beschäftigtenkreis erhält die Energiepreispauschale und wer bekommt sie nicht?

Nun, wenn dies so einfach wäre. Es lohnt in jedem Fall ein Blick in die FAQ-Liste des Bundesministeriums für Finanzen mit zarten 18 Seiten, die eben erst – nachdem der Stand vom 17. Juni 2022 nicht mehr aktuell war – am 20. Juli in einer aktualisierten Version veröffentlicht wurde. Wenn Sie glauben, dass darin exakt ihr Fall als Frage zu finden ist, dann werden sie wahrscheinlich enttäuscht.

Die Energiepreispauschale wird geboren ...

Aber fangen wir wie immer von vorne an. Grundsätzlich ist es ja sehr nett vom Staat, eine Pauschale zu zahlen, die – so die Einführung auf der FAQ-Liste – folgenden Hintergrund hat: "Die Energiepreispauschale (im Folgenden nur noch EPP) von 300 Euro soll diejenigen Bevölkerungsgruppen entlasten, denen typischerweise Fahrtkosten im Zusammenhang mit ihrer Einkünfteerzielung entstehen und die aufgrund der aktuellen Energiepreisentwicklung diesbezüglich stark belastet sind. Die EPP ist sozial ausgestaltet. Sie ist in der Regel steuerpflichtig, sodass sich die Nettoentlastung entsprechend der persönlichen Steuerbelastung mindert."

Die EPP ist also steuerpflichtig - und sehr schnell ergibt sich aus den FAQ, dass es sich hier um einen sonstigen Bezug im Steuerrecht handelt und die Pauschale in der Sozialversicherung nach § 14 SGB IV kein Arbeitsentgelt ist. Im späteren Teil der FAQ vom 20. Juli 2022 erfahren wir auch, dass die EPP unpfändbar ist. Die Lohnart lässt sich also schnell programmieren und soll in der Regel im Monat September ausgezahlt werden.

... und wirft ein Meer aus Fragen auf

Hier könnte ich meinen Beitrag eigentlich beenden, wenn da nicht noch folgende Fragen zu klären wären: Wer erhält die EPP eigentlich vom Arbeitgeber ausgezahlt und welche Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt sein? Das lässt sich natürlich auch ganz leicht beantworten: Alle Arbeitnehmenden, die am Stichtag 1. September 2022 unbeschränkt steuerpflichtig sind, in einem 1. Dienstverhältnis (Steuerklasse I-V) stehen und deren Arbeitgeber einen monatlichen Lohnsteueranmeldungszeitraum hat, erhalten die EPP mit der Abrechnung September ausgezahlt. Super einfach, oder?

Ach, Sie fragen sich, ob die Grenzgänger unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sind? Sie wollen wissen, ob der Mini-Jobber, den Sie pauschal versteuern, bei Ihnen ein 1. Dienstverhältnis hat und ob ein Arbeitnehmender in der Freistellungsphase der Altersteilzeit überhaupt einen Anspruch hat? Dann hat Ihnen auch noch jemand zugeflüstert, dass Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG rausfallen … Und überhaupt, was ist mit Arbeitnehmenden, die aus dem Krankengeldbezug ausgesteuert sind und Arbeitslosengeld oder eine Erwerbsminderungsrente erhalten? Fragen über Fragen über Fragen.

Energiepreispauschale: HR muss es richten

Und einmal mehr sind die Personalabteilungen gefragt - als hätten diese nicht noch die komplexen dynamischen Regelungen des Kurzarbeitergelds und des Infektionsschutzgesetzes sowie alle weiteren Punkte des Steuerentlastungsgesetzes und/oder des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes in den Knochen. Glaubt denn tatsächlich jemand, dass Verrechnungslohnarten mit Lohnsteueranmeldungen für die Refinanzierung der EPP automatisch im System auf ihren Einsatz warten? Und werden über den Arbeitgeber Anspruchsberechtigte automatisch ohne weitere Eingaben die EPP erhalten? Nein, natürlich nicht!

Klinge ich defätistisch? Nun, ein wenig schon, das gebe ich zu. Jedoch frage ich mich, warum im Rahmen solcher – ohne Zweifel lobenswerten - Ideen nicht Menschen nahe an der Praxis hinzugezogen werden, um die Umsetzung weniger arbeitsintensiv zu gestalten. In jedem Fall überwiegt der Eindruck, dass Finanzämter entlastet und dafür Arbeitgeber, Steuerberater und Dienstleister weiter zunehmend belastet werden. Denn: Der zeitliche Abstand von September bis zur Einkommensteuerveranlagung ist so weit nicht, als dass nicht bei allen Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung der EPP eben direkt vom Finanzamt hätte erfolgen können.

So ist es nun aber nicht und wir wissen ja: jammern hilft nicht. Also: Was ist nun mit unseren Mini-Jobbern, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern, Altersteilzeitlern in der Freistellungsphase, den Arbeitnehmenden im Krankengeldbezug oder mit Arbeitslosengeld? Nun, da verweise ich ganz entspannt auf den " FAQ-Katalog zur Energiepreispauschale (EPP)" vom 20. Juli 2022 und wünsche Ihnen viel Spaß beim Suchen, Verstehen und korrekten Umsetzen.


Christiane Droste-Klempp arbeitet im eigenen Unternehmen als Trainerin, Beraterin und Projektleiterin für sämtliche Themen des Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrechts und berät seit vielen Jahren Unternehmen bei der Auswahl und Umsetzung strategischer Personalmodelle.


Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag "Einmalige Energiepreispauschale: Was Arbeitgeber wissen müssen".