Kolumne Entgelt: Urlaub während des Beschäftigungsverbots

Für Laien aber auch für Profis hält die Entgeltabrechnung manch Erstaunliches oder Skurriles bereit. Robert Knemeyer, Personalberater und Interim-Manager, geht diesen ausgefallenen Fragen nach. Heute: Kann eine Mitarbeiterin eigentlich Urlaub nehmen, wenn für sie ein Beschäftigungsverbot besteht?

Vielleicht kennen Sie folgenden Sachverhalt auch: In vielen Unternehmen führt es zu Problemen, wenn Mitarbeiterinnen vor dem Mutterschutz oder Elternzeit ihren Urlaubsanspruch nicht abbauen, sondern diesen übertragen müssen. Schließlich kehren über 90 Prozent mit einer – verglichen mit dem Umfang vor der Auszeit – geringeren Arbeitszeit oder weniger Arbeitstagen zurück.

Rechtlich ist dieser Sachverhalt durch Urteile des EuGH (Az. C-486/08 und Az. C-415/12) inzwischen ganz klar geregelt, allerdings ist der administrative Aufwand für diese Umsetzung gravierend. Viele lösen den Vorgang inzwischen dadurch, dass der alte Urlaub direkt an die Elternzeit angehängt und erst danach auf das neue Arbeitszeitmodell umgestellt wird.

Urlaub und Beschäftigungsverbot: Wie passt das zusammen?

Die Problematik tritt besonders bei Berufsgruppen auf, bei denen nach Bekanntgabe der Schwangerschaft in der Regel sofort ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird (zum Beispiel im Gesundheitswesen, im Labor oder bei der Arbeit mit Gefahrenstoffen). Dann müssten zum Teil mehrere Wochen Urlaub übertragen werden. Auch bei den Rückstellungen kann dies das Geschäftsergebnis belasten.

Die Annahme liegt nahe:  Wir haben ja gelernt, dass Urlaub nur dann nicht genommen oder sogar wieder gut geschrieben werden muss, wenn ein Mitarbeiter krank ist, § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Bei einem Beschäftigungsverbot ist die Mitarbeiterin jedoch ausdrücklich nicht krank. Insoweit müsste es rechtlich doch gar kein Problem sein, Urlaub zu beantragen und diesen dann auch zu nehmen. Häufig war dieser ja sogar bereits gebucht. Wäre es da nicht sogar ein Nachteil für die Mitarbeiterin, diesen Urlaub nicht antreten zu dürfen, obwohl sie gar nicht krank ist? Vielleicht würden einige gerade vor dem Mutterschutz noch mal gerne einen Urlaub zur Erholung nehmen.

Urlaubsberechnung: Beschäftigungsverbot gleich Krankheit?

Ich weiß nicht, ob Sie schon mal einem Mitarbeiter diesen Sachverhalt in allen Facetten verständlich und nachvollziehbar erklären konnten.

Offenbar ist es jedoch so: In der Praxis wird offenbar automatisch ein Beschäftigungsverbot mit einer Krankheit gleichgesetzt. Die Folge: Der Urlaub wird gar nicht mehr beantragt und genommen, sondern sofort übertragen. Rechtlich gesehen gibt es allerdings eine Unterscheidung. Wenn nämlich der Urlaub bereits beantragt und genehmigt worden ist, bleibt dieser gültig (BAG, Az. 9 AZR 384/92).

Wenn also zum Beispiel zu Beginn des Jahres der Sommerurlaub im August geplant und genehmigt worden ist, zum Beispiel bei der Jahresplanung im Januar, und ab März die Schwangerschaft eintritt, die dann ab Juni zum Beschäftigungsverbot führt, wird der Urlaub weder storniert noch gut geschrieben. Vielmehr kann er einfach genommen werden. In den Fällen, in denen die Mitarbeiterin den Urlaub nicht beantragt, sondern vielleicht nur noch nicht ganz konkret festgelegt hatte, ist dies offenbar aber nicht so.

Im Kern stellen sich also die Fragen: Ist es nicht sinnvoll, dass der Urlaub grundsätzlich auch während des Beschäftigungsverbots genommen werden kann? Und ist es sinnvoll, dass die Urlaubsfrage davon abhängt, ob die Mitarbeiterin diesen früher beantragt hatte? Mir erscheint vielmehr eine Gleichbehandlung des Sachverhaltes nur gerecht.

Was meinen Sie?

Haben Sie auch schon Erfahrungen mit solch einem Fall gemacht? Oder kennen Sie auch Sachverhalte, die Sie als Entgeltabrechner den Mitarbeitern nur schwer erklären können, weil diese schwierig nachzuvollziehen sind?

Dann freuen wir uns auf Ihre Kommentare, Anmerkungen oder Sachverhalte und dieses Mal vor allem auf Ihre Meinung bei unserer Umfrage (siehe unten).