Kolumne: Das Chaos mit der korrekten Dienstwagenbesteuerung

Das waren noch Zeiten, sinniert unsere Kolumnistin Christiane Droste-Klempp, als man eindeutig von der Ein-Prozent-Bewertung auf den Bruttolistenpreis schließen konnte und sofort wusste: "Diese Führungskraft fährt einen schicken Schlitten, wenn 834 Euro monatlich für die Privatnutzung versteuert wurden". Heutzutage ist das anders.

Heutzutage können zarte 150 Euro für die Bewertung der Privatnutzung stehen und wer glaubt, es handelt sich hierbei um einen wenig attraktiven Kleinwagen, hat falsch gedacht. Denn dahinter können sich auch ein Audi A3 als plug-in Hybrid-Variante oder gar eine reine Elektrovariante verbergen, zum Beispiel ein Mercedes EQA 250 oder sogar ein Tesla Model Y.

Firmenwagen-Bewertungen werden immer komplexer

Nie war es so komplex wie heute, einen Firmenwagen korrekt zu bewerten und die Bewertung nachvollziehbar für Steuer- und SV-Prüfer zu dokumentieren.

Was ist der Hintergrund für dieses unübersichtliche Bewertungssystem? Ziel ist es, "umweltfreundliche Motoren" – wenn dies kein Oxymoron ist – zu fördern. Eben aus diesem Grund gibt es für Dienstfahrzeuge mit Elektro- oder Hybridelektroantrieb gesetzliche Steuererleichterungen und bei der Ein-Prozent-Regelung wird der Bruttolistenpreis gemindert, wodurch ein geringerer geldwerter Vorteil des Dienstwagens zu versteuern ist.

Umweltbonus und Anschaffungsjahr sind nur einige Fallstricke

Der erste Fallstrick ergibt sich bereits mit der sogenannten Kaufprämie oder auch Umweltbonus genannt, die es beim Erwerb von E-Fahrzeugen als Neuwagen gibt. Allerdings darf diese keinen Einfluss auf die Bewertung des geldwerten Vorteils für den Arbeitnehmenden haben, denn der Bruttolistenpreis als Bemessungsgrundlage für die Bewertung des geldwerten Vorteils darf nicht um den Umweltbonus gemindert werden.

Schnell stellt sich die nächste Frage: Woran ist für die Entgeltabrechnung erkennbar, ob es sich überhaupt um ein förderfähiges Hybrid- oder Elektrofahrzeug handelt? Dies ist recht einfach, wurde mir kürzlich von einem Spezialisten gesagt: Ein kurzer Blick auf das amtliche Fahrzeugkennzeichen reicht, denn dieses endet mit dem Großbuchstaben "E". Weiterhelfen kann auch die Codierung in der Kfz-Zulassungsbescheinigung: Hier findet sich in Teil 1, Feld 10 der Kfz-Zulassungsbescheinigung Code 004 und 0015 für Elektrofahrzeuge und Code 0016-0019 und 0025-0031 für Hybridelektrofahrzeuge. Einfach, oder?

Eben nicht! Denn je nach Anschaffungsjahr sind unterschiedliche Abschläge bzw. Kürzungen für die korrekte Beurteilung zu beachten und dies gilt für die Jahre 2013 bis 2030.

Begünstigung richtet sich nach Anschaffungsjahr – zumindest meistens

So musste bis einschließlich Anschaffungsjahr 2018 noch mit begrenzten Kürzungswerten je Kilowattstunde die steuerrechtliche Begünstigung berechnet werden, während ab dem Anschaffungsjahr 2019 der Bruttolistenpreis unter bestimmten Voraussetzungen mit 50 Prozent (plug-in Hybrid) beziehungsweise ab dem Jahr 2020 mit 25 Prozent (für reine Elektrofahrzeuge) zu bewerten ist. Sehr spannend ist hierbei die unterschiedliche Beurteilung, welches Jahr für die Berechnung das tatsächlich maßgebende Jahr ist: So bestimmt sich der jeweilige pauschale Abschlag nach Kilowattstunde sowie der Höchstbetrag grundsätzlich nach dem Jahr der Anschaffung und bei Gebrauchtwagen nach dem Jahr der Erstzulassung. Hingegen gilt für die 50-Prozent- bzw. 25-Prozent-Bewertung immer das Jahr der Anschaffung – unabhängig davon, ob ein Neu- oder Gebrauchtwagen überlassen wird.

Bruttolistenpreis gilt auch für gebrauchte Fahrzeuge

Ich hoffe Sie können mir noch folgen, denn ein ganz wichtiger Punkt fehlt noch: Der maßgebende Bruttolistenpreis, der für die korrekte Bewertung in Ansatz gebracht werden muss. Hierbei ist für die 50-Prozent- bzw. 25-Prozent-Bewertung gänzlich irrelevant, ob der Arbeitgeber das Fahrzeug in dem begünstigten Zeitraum als Neufahrzeug erworben hat oder nicht, denn der jeweils verminderte Ansatz des Bruttolistenpreises gilt auch für gebrauchte Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge, die in diesem Zeitraum als Dienstwagen angeschafft worden sind beziehungsweise werden. Hierbei ist zu beachten, dass für die korrekte Berechnung des jeweiligen Kürzungsbetrags sowohl für den Ansatz von 50 Prozent (plug-in Hybrid-Variante) und 25 Prozent (reine Elektro-Variante) als auch bei den pauschalen Abschlägen in Abhängigkeit der Batteriekapazität (Kilowattstunde) stets der Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung maßgebend ist.

Abschließend ist noch zu erwähnen: Falls Hybridfahrzeuge die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 des Elektromobilitätsgesetzes nicht erfüllen, zum Beispiel, weil sie keine elektrische Mindestfahrleistung von 40 Kilometern beziehungsweise ab 2022 von 60 Kilometern erreichen, dann sind in diesen Fällen die pauschalen Abschläge von 200 Euro bis 50 Euro sowie die Höchstgrenzen von 7.000 bis 5.500 Euro im Zeitraum 2019 bis 2022 zu berücksichtigen.

Perfekt. Und jetzt steht ein neuer Mitarbeitender in der Personalabteilung und teilt uns strahlend mit, dass er sich nächsten Monat seinen neuen BMW iX xDrive50 - eine reine Elektro-Variante - abholen kann. Kurz nachdenken: das ist zwar eine reine Elektro-Variante, aber der Bruttolistenpreis ist über 60.000 Euro. Folglich nicht 25 Prozent vom Bruttolistenpreis, sondern 50 Prozent vom Bruttolistenpreis – ist ja alles ganz einfach!


Mehr Informationen zum Thema lesen Sie in unserer News "Steuerliche Förderung bei Elektro- und Hybridfahrzeugen".


Christiane Droste-Klempp arbeitet im eigenen Unternehmen als Trainerin, Beraterin und Projektleiterin für sämtliche Themen des Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrechts und berät seit vielen Jahren Unternehmen bei der Auswahl und Umsetzung strategischer Personalmodelle.