Urteil: Vergütungsverlust bei Kurzarbeit ist hinzunehmen

Die Kündigung einer Arbeitnehmerin, die eine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit nur bei vollem Lohnausgleich unterzeichnen wollte, ist rechtmäßig. Sie verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot, so ein Urteil des LAG Nürnberg.

Für viele Betriebe bleibt während der Coronakrise aufgrund von Umsatzeinbußen nur die Einführung von Kurzarbeit, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Wenn nicht bereits eine rechtliche Grundlage im Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag existiert, ist hier eine individuelle Vereinbarung erforderlich. Immer wieder müssen Gerichte sich nun mit Kündigungen beschäftigen, weil Arbeitnehmende dem mit der Kurzarbeit verbundenen Vergütungsverlust nicht zustimmen.

Arbeitnehmerin stimmt Einführung der Kurzarbeit ohne Lohnausgleich nicht zu

Auch vorliegend kam es zum Rechtsstreit, weil der Arbeitgeber, ein Frisörbetrieb, Kurzarbeit einführen wollte. Nachdem der komplette Betrieb im März 2021 aufgrund einer behördlichen Anordnung vorübergehend geschlossen wurde,  bat der Arbeitgeber die Mitarbeitenden, eine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit zu unterzeichnen. Eine Frisörin, deren monatlicher Bruttolohn durchschnittlich 986 Euro betrug, wollte die damit verbundene Lohneinbuße nicht hinnehmen. Sie weigerte sich, die Vereinbarung ohne Zusage des Lohnausgleichs durch den Arbeitgeber zu unterzeichnen. Daraufhin kündigte ihr der Arbeitgeber. Hiergegen erhob die Mitarbeiterin Kündigungsschutzklage.

Verstößt Kündigung gegen Maßregelungsverbot?

Da es sich um einen Kleinbetrieb handelt, war das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht anwendbar. Die Mitarbeiterin machte vor Gericht geltend, dass die Kündigung gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen würde und damit sittenwidrig sei. Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmenden bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmende in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Nach Überzeugung der Arbeitnehmerin übte sie mit der Weigerung, der Kurzarbeit zuzustimmen, nur zulässig ihre Rechte aus. Die Kündigung sei allein ein "Racheakt".

Wirksame Kündigung wegen fehlender Zustimmung zur Kurzarbeit

Das LAG Nürnberg wies die Kündigungsschutzklage ab. In der Begründung des Urteils führte das Gericht aus, dass die Abgabe eines Änderungsangebotes durch den Arbeitgeber ebenso wie die Ablehnung dieses Angebotes durch den Arbeitnehmenden Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Vertragsfreiheit ist. Die Arbeitnehmerin könne zulässig die Vereinbarung zur Einführung der Kurzarbeit ablehnen.

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LAG: Kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot

Der Arbeitgeber konnte jedoch ebenso zulässig auf die Ablehnung eines Änderungsangebotes mit der Kündigung reagieren. Da eine Beendigungskündigung wegen der Ablehnung eines Änderungsangebotes nach § 2 KSchG sogar sozial gerechtfertigt sein kann, könne die auf die Ablehnung eines Änderungsangebotes gestützte Kündigung kaum eine Maßregelung im Sinne des § 612a BGB sein.

Arbeitnehmer müssen bei Kurzarbeit geringeres Einkommen akzeptieren

Die Richter machten zudem deutlich, dass Arbeitnehmende den Vergütungsverlust, der mit der Einführung von Kurzarbeit verbunden ist, akzeptieren müssen. Solange keine anderweitigen tariflichen Vorgaben bestehen, sei der Arbeitgeber grundsätzlich frei in seiner Entscheidung, ob er Mitarbeitenden einen Zuschlag zum Kurzarbeitergeld zahlt.

Hinweis: LAG Nürnberg, Urteil vom 18.03.2021, Az. 4 Sa 413/20


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