Sozialversicherungsbeiträge: Was die Flexirente ändert

Die neue Flexirente ist längst beschlossen und gilt zum neuen Jahr. Die Vorschriften sollen Anreize schaffen für flexibles Arbeiten bis zur und über die Regelaltersgrenze hinaus. Wie die sozialversicherungsrechtlichen Beiträge - auch bei Minijobs - bei der Flexirente abzuwicklen sind.

Mit dem Jahreswechsel von 2016 auf 2017 wird das "Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand" eine neue Ära für Beschäftigungen, die neben einem Rentenbezug ausgeübt werden, einläuten. Die neuen Vorschriften sollen individuelle Gestaltungsmöglichkeiten für ein flexibles Arbeiten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze schaffen. Zusätzlich sollen die gesetzlichen Vorgaben Anreize bieten, über die Regelaltersgrenze hinaus weiterzuarbeiten. Möglich gemacht werden soll dies durch

  • eine Systemänderung der Hinzuverdienstmöglichkeiten bei vorgezogenen Altersrenten und
  • die Wahlmöglichkeit, auch nach Beginn der Regelaltersrente rentensteigernden Hinzuverdienst zu erzielen.

Sozialversicherungsbeiträge: Neue Einstufung bei der Abrechnung

Die Flexirente führt künftig zu Änderungen im Beitrags- und Melderecht. Zwar wirken die neuen Hinzuverdienstgrenzen erst ab dem 1. Juli 2017. Änderungen in der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsabwicklung sind aber schon ab dem 1. Januar 2017 umzusetzen. Grundlage künftiger Differenzierungen bei der Entgeltabrechnung ist stets die Frage, ob der Mitarbeiter sich noch im Zeitraum vor seiner persönlichen Regelaltersgrenze befindet oder diese schon überschritten hat.

Fall 1: Regelaltersgrenze am 1. Januar 2017 erreicht

Die Beschäftigung von Mitarbeitern, die die Regelaltersgrenze bereits überschritten haben, war bisher und ist auch künftig versicherungsfrei in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Es gilt auch weiterhin: Arbeitgeber müssen eine eigenständige Abgabe in Höhe des Arbeitgeberbeitrags in der Rentenversicherung abführen. Dies gilt zunächst auch für die Arbeitslosenversicherung. Hier wird die Abgabepflicht des Arbeitgeberanteils jedoch bis Ende 2021 ausgesetzt. Bis dahin kommt es also bei der Rentnerbeschäftigung zur Senkung der Lohnnebenkosten.

Neu ist jedoch: Der Mitarbeiter kann auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichten. In diesem Fall kommt es zum normalen Beitragsabzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Damit kann der Mitarbeiter seinen Rentenanspruch auch bei einer Weiterarbeit über die Regelaltersgrenze hinaus erhöhen. Den Verzicht auf die Versicherungsfreiheit muss der Beschäftigte schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber abgeben. Die Erklärung ist gemäß der Beitragsverfahrensordnung zu den Entgeltunterlagen zu nehmen. Eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, den Mitarbeiter auf die Möglichkeit des Verzichts hinzuweisen, besteht nicht.

Auch die Mitarbeiter, die schon vor dem 1. Januar 2017 ihre Regelaltersgrenze überschritten hatten, können mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 auf die Versicherungsfreiheit verzichten.

Fall 2: Regelaltersgrenze im Januar 2017 nicht erreicht

Ist die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht, gibt es künftig – im Gegensatz zum früheren Recht – eine vereinfachte Betrachtung: Mitarbeiter, die eine Rente vor ihrer persönlichen Regelaltersgrenze beziehen, sind wie normale Beschäftigte in allen Bereichen der Sozialversicherung als versicherungspflichtig einzustufen. Die Frage, ob sie eine Voll- oder Teilrente beziehen, spielt künftig (anders als bislang) keine Rolle mehr.

Vorsicht ist beim Thema "Vertrauensschutz" angesagt: Beschäftigte Vollrentner, die vor 2017 versicherungsfrei waren, genießen Vertrauensschutz und bleiben zunächst bis zum Erreichen ihrer Regelaltersgrenze versicherungsfrei. Sie können aber auf diese Versicherungsfreiheit verzichten und damit erreichen, dass sich ihre Beschäftigung ab 2017 rentensteigernd auswirkt. Dieser Verzicht besteht für die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, bleibt also auch bestehen, wenn die Mitarbeiter das Alter für die Regelaltersrente erreichen.

Die Minijobvarianten: Praxisfern und dennoch kompliziert

Für Minijobber stellt sich die Sachlage komplizierter dar und es bedarf einer differenzierten Betrachtung. Bei dieser Beschäftigungsform sind nämlich keine pauschalen Abgaben zur Rentenversicherung abzuführen, wenn für einen Hinzuverdienst grundsätzlich Versicherungsfreiheit besteht. Das führt zu folgenden Fallkonstellationen:

Variante 1: Der Mitarbeiter nimmt erstmalig vor Erreichen der Regelaltersgrenze ab Januar 2017 einen Minijob auf.

Nach der Systemänderung ist dies jetzt beitragsrechtlich ein normaler Minijob, aus dem – wie bei jedem anderen Minijobber auch – zunächst der pauschale Arbeitgeberbeitrag und der Eigenbeitrag des Minijobbers abzuführen ist – außer der Mitarbeiter entscheidet sich für eine Versicherungsfreiheit. Von dieser Wahl hängt es ab, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn der Mitarbeiter während der Beschäftigung die Regelaltersgrenze erreicht. Hat er sich für eine Versicherungsfreiheit entschieden, so bleibt es dabei: Der Minijob bleibt auch ab Erreichen der Regelaltersgrenze versicherungsfrei. Ein Verzicht, um eine rentensteigernde Wirkung zu erzielen, ist nicht mehr möglich.  

Überschreitet der Minijobber jedoch mit einem versicherungspflichtigen Minijob „im Gepäck“ seine Regelaltersgrenze, so wird dieser zunächst wieder versicherungsfrei. In diesem Fall kann der Mitarbeiter nach den neuen Regeln auf diese Versicherungsfreiheit erneut verzichten und der Minijob wird postwendend wieder in den vorherigen Zustand (pauschaler Arbeitgeberbeitrag und Eigenbeitrag des Minijobbers) zurückgesetzt.

Variante 2: Nach Erreichen der Regelaltersgrenze nimmt der Mitarbeiter erstmalig ab Januar 2017 einen Minijob auf.

Dieser Fall ist am einfachsten zu erläutern, denn der Minijob ist dann (wie bisher) automatisch versicherungsfrei. Er wird versicherungspflichtig, wenn eine Verzichtserklärung vorgelegt wird.

Variante 3: Der Mitarbeiter hat bereits 2016 vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze einen Minijob ausgeübt.

Nach der Systemänderung wäre dies eigentlich ein normaler Minijob. Es gilt aber auch hier Vertrauensschutz, sodass diese Fälle versicherungsfrei bleiben. Der Minijobber kann jedoch auf diese Versicherungsfreiheit verzichten – und damit eine Pflicht zur Zahlung des pauschalen Arbeitgeberbeitrags und des Eigenanteils auslösen. Diese Entscheidung muss er nicht sofort treffen. Die Verzichtserklärungen sind nicht fristgebunden, sie können zu einem beliebigen Zeitpunkt ausgesprochen werden.