Sechs Merksätze zu zulässigen Zulagen

Welche Zulagen zulässig und wie diese zu formulieren sind, das ist mit Blick auf das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mitunter schwierig zu bestimmen. Das BAG hat jedoch über die Jahre Klarheit geschaffen. Unser Kolumnist Alexander Zumkeller fasst die Zulagen-Kasuistik zusammen.

Spätestens mit Geltung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auch im Arbeitsrecht – also seit der „Schuldrechtsreform“ zum 1. Januar 2002 – ist das Thema „Zulagen“ ein wenig mirakulös. Insbesondere das Transparenzgebot und die Inhaltskontrolle hinsichtlich widerruflicher Zulagen traf und trifft in der Literatur auf vielfältige Formulierungsvorschläge – häufig sehr ins Detail gehend. Einige neuere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt des ersten Senats vom 24.1.2017, Az. 1 AZR 774/14 ) sind Anlass genug, eine kurze Zusammenfassung der Zulagen-Kasuistik zu geben.

Funktionszulage: Einfacher Mechanismus, schwierige Einschätzung

Eine Funktionszulage kann gewährt werden, wenn eine bestimmte Funktion zusätzlich vergütet werden soll – zum Beispiel bei einem Vorarbeiter, Auslandseinsatz et cetera. Der Mechanismus ist einfach, letztlich handelt es sich um die Zahlung einer Zulage unter einer auflösenden Bedingung: Fällt der begünstigte Einsatz oder die begünstigte Funktion weg, entfällt auch die Zulage.

So weit, so einfach? Bei Auslandseinsätzen, Schmutzzulagen et cetera mag dies noch relativ problemlos als „Automatismus“ darstellbar sein. Aber: Bei „echten“ Funktionen, etwa Vorarbeiter oder Umweltschutzbeauftragter, gibt es den Automatismus nur scheinbar. Ja, fällt die Funktion hinweg, fällt auch die die Zulage weg. 

Aber Vorsicht: Denn die Funktion selbst kann eben häufig nicht einfach entzogen werden, sondern unter Umständen ist das Einverständnis des Betroffenen erforderlich – oder sogar eine Änderungskündigung (die wiederum hinsichtlich der sozialen Rechtfertigung überprüfbar ist).

Merke also: Die Funktionszulage ist grundsätzlich zulässig. Es bleibt aber die Frage, wie man die Funktion ändert.

Befristete Zulage: Das Befristungsrecht wird ins AGB-Recht übertragen

Eine andere auflösende Bedingung ist der Zeitablauf. Die Befristung von Zulagen (wie auch anderer einzelner Vertragsbedingungen) ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig, wenn hierdurch der Kündigungsschutz nicht umgangen wird und das heißt zumeist: wenn ein Sachgrund diese Befristung auch tragen würde (etwa BAG vom 23. 1. 2002, Az. 7 AZR 563/00 und vom 8.8.2007, Az. 7 AZR 855/06). Das Recht des Teilzeit- und Befristungsgesetzes wird also in das AGB-Recht „transponiert“.

Merke also: Nur ein Sachgrund „hält“ eine befristete Zulage – und der muss im Zweifel belegbar sein.

Freiwillige Zulage: Vorsicht beim Freiwilligkeitsvorbehalt

Eine Zulage ist eine freiwillige Zulage, wenn sie freiwillig ist. Das klingt einfach? Mitnichten. Wird eine künftige Leistung zugesagt oder in Aussicht gestellt, aber wird diese Zusage mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verbunden („Sie erhalten eine Weihnachtsgratifikation, die freiwillig ist“), ist dieser Vorbehalt unwirksam (BAG vom 30.7.2008, Az. 10 AZR 606/07). Heißt: Der Freiwilligkeitsvorbehalt lässt sich mit irgendeiner vertraglich verbundenen Hoffnung oder Option auf eine Leistung – wenn überhaupt – nur sehr schwer verbinden. Als Marketing- oder Bindungsinstrument also ungeeignet!

Merke also: Eine leichtfertige Zusage macht die „Freiwilligkeit“ einer Zulage schnell kaputt!

Widerrufliche Zulage: Wie konkret muss es sein?

Vielfältig sind die Vorschläge in der Literatur, die Widerruflichkeit einer Leistung möglichst konkret und damit transparent zu fassen. Manch ein Vorschlag geht dabei in Details wie etwa Prozentsätze von Umsatzrückgängen, andere sind mutiger und schlagen allgemeine Formulierungen wie „wirtschaftliche Schwierigkeiten“ vor.

Das BAG hat nun neuerlich zusammengefasst: „Bei den Widerrufsgründen muss zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll, zum Beispiel wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers“ (Az. 1 AZR 774/14 vom 24.1.2017). Zulässig war im entschiedenen Fall die Formulierung: „Der Arbeitgeber behält sich vor, diese Leistung im Fall der wirtschaftlichen Notlage zu widerrufen“. Andererseits hat das BAG im Jahr 2010 einen Widerrufsvorbehalt „aus wirtschaftlichen Gründen“ (bei einem Dienstwagen) als nicht zureichend eingestuft.

Merke also: Zu hohe Anforderungen stellt das BAG an den Widerrufsvorbehalt nicht – aber ein wenig konkret sollte es schon sein!

Paradoxe Zulagen: Zwischen freiwillig und widerruflich entscheiden

Eine „freiwillige jederzeit widerrufliche Zulage“ ist alles – nur weder freiwillig noch jemals widerruflich. Die Autoren solcher Regelungen meinen es mit dem Arbeitgeber wohl etwas zu gut – mit dem Ergebnis des Bumerangs. Nach dem Transparenzgebot kann es sich um keine freiwillige Leistung handeln, da der Widerrufsvorbehalt ja gerade einen Anspruch erfordert und damit freiwilligkeitsvorbehaltsfeindlich ist. Für einen Widerrufsvorbehalt fehlt wiederum die Umschreibung des Widerrufsgrundes (BAG 14. 9. 2011, Az. 10 AZR 526/10).

Merke also: Eine Entscheidung tut Not, welche Grundlage eine Zulage nun haben soll. Dabei ist mehr nicht notgedrungen immer besser.

Anrechenbarkeit von Zulagen als Allzweckwaffe

An die Anrechenbarkeit von Zulagen legt das BAG keine wirklich hohen Anforderungen. Von Detailfragen bei Mitbestimmung, Anrechnung von Einmalzahlungen oder stufenweisen Tariferhöhungen abgesehen, lässt es die Anrechnung von Tariferhöhungen auf übertarifliche Zulagen grundsätzlich zu (zuletzt ebenfalls BAG vom 24.1.2017, Az. 1 ABR 6/15). Einer besonderen vertraglichen Vorbehaltsformulierung bedarf es nach bisheriger Rechtsprechung nicht.

Merke also: Eine Maßnahme, wenn alle Stricke reißen – und weder Widerruf noch Freiwilligkeit, weder inhaltliche noch zeitliche auflösende Bedingung ziehen. Ziehen kann es sich allerdings in die Länge, je nach Höhe der anrechenbaren Tariferhöhungen…

Fazit: BAG schafft Klarheit

Nach 15 Jahren AGB-Recht im Arbeitsvertrag ist eine recht klare Kasuistik der Zulagen zu erblicken. Das ist erfreulich. Dass nicht „für jeden Fall“ ein Typus dabei ist - und schon gar nicht die „eierlegende Wollmilchsau“ (hier wohl die „freiwillige jederzeit widerrufliche Zulage“) -, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass das Arbeitsrecht primär als Arbeitnehmerschutzrecht ausgestaltet ist.

Auch wenn es dem Autor dieser Kolumne daher nicht leichtfällt: Lob und Dank der Rechtsprechung für Schaffung von im Wesentlichen viel Klarheit im zunächst für Arbeitsrechtler nicht ganz einfach gewesenen AGB-Recht.


Alexander R. Zumkeller, Präsident des Bundesverbands der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU), blickt in seiner Kolumne aus der Unternehmenspraxis auf arbeitsrechtliche Themen und Trends.