Kolumne Arbeitsrecht: Frauenquote: Drei Bitten an den Gesetzgeber

Mitte Dezember hat das Bundeskabinett ein prestigeträchtiges Projekt auf den Weg gebracht: das Gesetz zur Frauenquote. "Es hat keinen Sinn, dagegen zu sein", schreibt unser Arbeitsrechts-Kolumnist Alexander R. Zumkeller. Er hat jedoch wichtige Bitten für die Umsetzung des Gesetzes.

Wer es bisher noch nicht gemerkt hat: Der Koalitionsvertrag ist ein pures Hausaufgabenpaket für Personaler. Das heißt, es kommt was auf uns zu mit "modernem Arbeitsrecht" und "Deutschlands Zukunft gestalten". Unter der Überschrift "Zusammenhalt der Gesellschaft" hat sich allerdings ein politischer Spaltpilz eingeschlichen: Die Frauenquote. Ja, richtig, nicht etwa eine Gleichstellungs- oder Minderheiten- oder Geschlechterquote, sondern Frauenquote. Vereinbart ist vereinbart. Sie wird umgesetzt – und nun kommt es darauf an, wie. Entwürfe liegen mittlerweile ja vor. Kein Wort von Gay, Lesbian, Transgender, Bi oder… Männern. Vielmehr knallhart: 30 Prozent für Dax-Unternehmen. Es hat keinen Sinn, dagegen zu sein. „Pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten, selbst Koalitionsverträge. Jetzt ist also wichtig, wie damit umzugehen sein wird.

Bitte: Klarheit ins Gesetz

Für Nicht-Dax-Unternehmen sollen Aufsichtsrat oder Geschäftsführung – hoffentlich wird im Gesetz klar, wer eigentlich gemeint ist – eine Zahl als Ziel vorgeben. Für Frauen. Ist es jedoch auch erlaubt, eine Männerquote anzugeben? Excusé: Das ist nicht Gleichstellung, sondern einseitige Bevorzugung. Der Wunsch an den Gesetzgeber: Bitte nochmal prüfen! Wir haben einen Anspruch auf Gesetze, die bei einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht bestehen.

Das Ziel soll in der Geschäftsführung und den ersten beiden Managementebenen festzulegen sein. Zugegeben, diese drei Ebenen sollten identifiziert werden können. Allerdings scheint die Vorgabe schon recht beliebig. Nicht selten ist zum Beispiel die Kantine an einen Geschäftsführer angehängt – prima, steigt der Frauenanteil. Jedoch: Wäre stattdessen nicht sinnvoll, die Quote auf die Führungskräfte im Unternehmen zu erstrecken – gleich welcher Ebene?

Gerechnet wird je "legal entity". Für Konzerne, zumindest mit Holding-Struktur, eine Katastrophe. Auch hier eine dringende Bitte: In Konzernunternehmen sollten die Beschäftigten zusammengefasst werden können. Das entspricht in der Regel eher dem "gemeinsam" von Konzernen, insbesondere in Matrix-Organisationen.

Bitte: mit den Füssen am Boden bleiben

Und nun zur Zahl selbst: Ja, es ist richtig, Deutschland verfügt über mehr qualifizierte Frauen (… und Männer) denn je. Aber die Tatsachen müssen dennoch im Auge behalten werden: Wenn heute nur 12,69 Prozent Frauen Elektrotechnik studieren, darf nicht erwartet werden, dass in einem Technologiekonzern übermorgen 30 Prozent Frauen in der Top-Etage sitzen. Der Weg vom Studium in die Top-Etage klappt vielleicht in der Politik von jetzt auf gleich – die Ergebnisse sieht man dann. Nicht so aber in der Wirtschaft. Da sollten schon 15 bis 20 Jahre für die Karriere eingeplant werden – von Ausnahmen abgesehen. Für mich heißt das: Es wäre sehr seltsam, wenn in 15 bis 20 Jahren die Anzahl der E-Technikerinnen in den obersten Etagen unter 12,69 Prozent lägen. Aber heute? Gehen wir mal zwanzig Jahre zurück, dann kommen wir vielleicht auf ein oder zwei Prozent. Sinnvoll ist also, eine Quote für Führungskräfte in einer Zeitreihe, die abhängig ist von Quoten in Ausbildung oder Studium, von der Anzahl der Bewerber und Bewerberinnen, von typischen Karriereläufen.

Und im Übrigen: Hört man als Begründung für die Quote, dass gemischte, "diverse" Teams erfolgreicher seien, so sei auch daran erinnert, dass Diversity mehr bedeutet: nicht nur Frauen oder Männer, sondern auch Lebensalter, Migrationshintergrund, Schwerbehinderung (wobei, da haben wir die Quote ja schon) – ein "Diversity-Bericht" also. Das dient der Sache mehr. Aber Achtung: Das ist auch Aufwand, das sind Kosten und das passt nicht in die derzeitige wirtschaftliche Lage.

Bitte: die politischen Aufgaben nicht vergessen

Die Minister Manuela Schwesig und Heiko Maas meinen, die Quote werde "einen Kulturwandel" in Deutschland herbeiführen. Nun, ich bezweifle das: Der Kulturwandel hat längst stattgefunden, und zwar in der Wirtschaft. Vielleicht nicht hehren Zielen folgend sondern dem "War for Talents" geschuldet, aber das Ergebnis zählt.

Anders in der Bildung: Sollten die beiden Minister doch einmal einen Blick in die Schulbücher werfen, dann würden sie folgende nette Mathe-Aufgabe für die dritte Klasse lesen: "Papi verdient 10,50 Euro in der Stunde. Mutti geht für 157,50 Euro Schuhe kaufen. Wie lange muss Papi arbeiten, damit Mutti die Schuhe kaufen kann?" Willkommen im 21. Jahrhundert. Der Kulturwandel sollte dort begonnen werden, wo wirklich noch Not ist.

Alexander R. Zumkeller, Präsident des Bundesverbands der Arbeitsrechtler in Unternehmen e.V. (BvAU), blickt in seiner Kolumne aus der Unternehmenspraxis auf arbeitsrechtliche Themen und Trends.

Schlagworte zum Thema:  Diversity, Arbeitsrecht