Wie viel Fußball ist am Arbeitsplatz erlaubt?


Wie viel Fußball ist am Arbeitsplatz erlaubt?

Während der Fußball-EM herrscht für viele Beschäftigte Ausnahmezeit. Doch wie passen Job und Fußballfieber zusammen? Muss der Arbeitgeber erlauben, dass Arbeitnehmende mit EM-Trikots zur Arbeit kommen, dort die Spiele verfolgen und das Büro zum EM-Stadion umgestalten? 

Einen Anspruch darauf, die Fußballspiele der EM am Arbeitsplatz zu schauen oder anderweitig mitzufiebern, haben Arbeitnehmende grundsätzlich nicht. Denn sie müssen alles unterlassen, was ihre Arbeitsleistung beeinträchtigt. Andernfalls verletzen sie ihre Arbeitspflicht und riskieren eine Abmahnung.

Arbeitszeit ist grundsätzlich fußballfreie Zeit

Ohne die Erlaubnis des Arbeitgebers ist es den Arbeitnehmenden während der Arbeitszeit in der Regel untersagt, die Übertragung der Spiele zu verfolgen. Denn wer Fußball guckt, wird dadurch so stark abgelenkt, dass er sich nicht mehr auf seine Tätigkeit konzentrieren kann. 

Wer beispielsweise aus beruflichen Gründen während der Arbeitszeit die Nachrichten verfolgen muss, darf dennoch nicht einfach zu den EM-Spielen umschalten.

Fußball-EM: Was gilt bei Live-Streaming im Internet?

Verfolgt ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin die EM via Live-Stream oder Live-Ticker im Internet am PC, Smartphone oder Tablet, ist zu beachten: Die private Internetnutzung am Arbeitsplatz stellt nach der Rechtsprechung des BAG unter mehreren Umständen eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Dies gilt bei:

  1. Nutzung entgegen einem ausdrücklichen Verbot des Arbeitgebers.

  2. Nichterbringen der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung.

  3. Herunterladen erheblicher Datenmengen auf betriebliche Datensysteme (unbefugter Download).

  4. Zusätzliche Kosten aufgrund der privaten Nutzung.

  5. Rufschädigung des Arbeitgebers, weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden.

Dabei wiegt die Pflichtverletzung umso schwerer, je mehr der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin bei der privaten Nutzung des Internets seine/ihre Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt. Die Pflichtverletzung stellt einen verhaltensbedingten, in schweren Fällen einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar, wobei grundsätzlich vorher abzumahnen ist. Das Arbeitsgericht Köln hielt eine Abmahnung für 30 Sekunden Fußball-Live-Stream für rechtmäßig.

Betriebsvereinbarung für Internetnutzung?

Selbst wenn der Arbeitgeber private Internetnutzung erlaubt hat, umfasst diese Erlaubnis jedoch nicht eine exzessive private Internetnutzung während der Arbeitszeit. Davon wird man aber ausgehen können, wenn Arbeitnehmende ein komplettes Fußballspiel während der Arbeitszeit am Live-Ticker verfolgen. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber berechtigt sein, den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin jedenfalls abzumahnen und in krassen Fällen, wie es beispielsweise beim Anschauen von mehreren Spielen hintereinander sein könnte, sogar fristlos zu kündigen (zum Kündigungsrecht bei exzessiver Internetnutzung siehe LAG Köln, Urteil vom 7. Februar 2020, Az. 4 Sa 329/19).

Besteht ein Betriebsrat, ist das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zusätzlich zu beachten. Es bietet sich daher an, die Internet- und E-Mail-Nutzung in einer Betriebsvereinbarung zu regeln.

EM-Deko am Arbeitsplatz? 

Um auch am Arbeitsplatz in EM-Stimmung zu bleiben den eigenen Schreibtisch in Deutschlandfarben dekorieren oder im EM-Trikot erscheinen? Für echte Fußballfans kein abwegiger Gedanke. Aber auch hier hat der Arbeitgeber das letzte Wort. Grundsätzlich haben Arbeitnehmende kein Recht dazu, ihren Arbeitsplatz zu dekorieren. In manchen Fällen kann dies sogar gegen Brandschutzbestimmungen verstoßen. Auch das Deutschland-Trikot kann der Arbeitgeber unterbinden, denn er darf die Sicherheits- oder Dienstkleidung oder auch einen bestimmten Dresscode vorgeben. Ohne Rücksprache sollten Arbeitnehmende also auch nicht im EM-Trikot auftauchen. 

Ist das Radio eine Ausnahme?

Dagegen ist beim Radiohören je nach Tätigkeit vorstellbar, dass man einerseits zuhören und andererseits weiterarbeiten kann. Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss vom 14. Januar 1986) entschieden, dass Radiohören am Arbeitsplatz erlaubt ist, vorausgesetzt,

  • der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin erledigt seine/ihre Aufgaben konzentriert, zügig und fehlerfrei und
  • stört mit den Radiogeräuschen weder Kollegen noch Kunden.

Der Arbeitgeber kann das Radiohören während der Weltmeisterschaft dennoch verbieten. Er muss allerdings das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG beachten - denn die Frage, ob im Betrieb während der Arbeitszeit Radio gehört werden darf, betrifft die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb. Ein ohne Zustimmung des Betriebsrats ausgesprochenes Verbot ist unwirksam.

EM-Tipp: Absprache zwischen Chef und Mitarbeitenden

Im Zweifel lohnt sich immer das persönliche Gespräch. Arbeitgeber und Arbeitnehmende sollten besprechen, was während der Fußball-EM am Arbeitsplatz erlaubt ist und was nicht. Ist der Arbeitgeber mit der Nutzung von Laptops, Tablets, Smartphones etc. für das Live-Verfolgen der Fußballspiele einverstanden, muss er dies grundsätzlich allen Arbeitnehmenden erlauben.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Arbeitssituation in einzelnen Abteilungen sehr unterschiedlich ist. So kann der Arbeitgeber zum Beispiel einem Mitarbeiter am Schalter einer Bank das EM-Schauen beziehungsweise EM-Hören verbieten und es anderen Mitarbeitenden, die keinen Kundenkontakt haben, erlauben. Gut möglich, dass der oder die Vorgesetzte selbst fußballbegeistert ist und sich dann sogar zum Teambuilding ein gemeinschaftliches Fußballerlebnis im Büro ermöglichen lässt. Arbeitgeber sollten dabei beachten, dass beim organisierten Public Viewing im Unternehmen GEMA-Gebühren anfallen können.