Wie viel Fußball ist am Arbeitsplatz erlaubt?

Während der Fußball-WM herrscht für viele Beschäftigte Ausnahmezeit. Doch wie passen Job und Fußballfieber zusammen? Muss der Arbeitgeber erlauben, dass Arbeitnehmer mit WM-Trikots zur Arbeit kommen, dort die Spiele verfolgen und das Büro zum WM-Studio umgestalten? 

Einen Anspruch darauf, die Fußballspiele der WM am Arbeitsplatz zu schauen oder anderweitig mitzufiebern, haben Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Denn sie müssen alles unterlassen, was ihre Arbeitsleistung beeinträchtigt. Andernfalls verletzen sie ihre Arbeitspflicht und riskieren eine Abmahnung.

Arbeitszeit ist grundsätzlich fußballfreie Zeit

Ohne die Erlaubnis des Arbeitgebers ist es den Arbeitnehmern während der Arbeitszeit in der Regel untersagt, die Spiele zu verfolgen ob im Fernsehen oder online. Denn wer Fernsehen schaut, wird durch den optischen Reiz so stark abgelenkt, dass er sich nicht mehr auf seine Tätigkeit konzentrieren kann. 

Eine Ausnahme kann für Arbeitnehmer gelten, bei denen auch schon vor der WM am Arbeitsplatz ein Fernseher eingeschaltet war. In solchen Fällen ist davon auszugehen, dass das Fernsehen auch während der Weltmeisterschaft erlaubt ist. Der Arbeitgeber darf allerdings zu den Fußball-Übertragungen "Nein" sagen. Wer beispielsweise aus beruflichen Gründen während der Arbeitszeit die Nachrichten verfolgen muss, darf nicht einfach zu den WM-Spielen umschalten.

Was gilt bei Live-Streaming im Internet?

Verfolgt der Arbeitnehmer die WM via Live-Stream oder Live-Ticker im Internet am PC, Smartphone oder Tablet, gilt Folgendes: Die private Internetnutzung am Arbeitsplatz stellt nach der Rechtsprechung des BAG unter mehreren Umständen eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar: 

  1. Nutzung entgegen einem ausdrücklichen Verbot des Arbeitgebers

  2. Nichterbringen der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung

  3. Herunterladen erheblicher Datenmengen auf betriebliche Datensysteme (unbefugter Download)

  4. Zusätzliche Kosten aufgrund der privaten Nutzung

  5. Rufschädigung des Arbeitgebers, weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden

Dabei wiegt die Pflichtverletzung umso schwerer, je mehr der Arbeitnehmer bei der privaten Nutzung des Internets seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt. Sie stellt einen verhaltensbedingten, in schweren Fällen einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar, wobei grundsätzlich vorher abzumahnen ist. Unternehmen dürfen, wenn sie die private Internetnutzung verboten haben, auch private Chats und Mails ihrer Mitarbeiter kontrollieren, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Urteil vom 12.1.2016, Az. 61496/08).  Dafür dürfen sie auch den Browserverlauf auswerten, lautete das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 14. Januar 2016, Az. 5 Sa 657/15.

Kürzlich hat das Arbeitsgericht Köln sogar eine Abmahnung für 30 Sekunden Fußball-Live-Stream für rechtmäßig gehalten. 

Betriebsvereinbarung für Internetnutzung?

Selbst wenn der Arbeitgeber private Internetnutzung erlaubt hat, umfasst diese Erlaubnis jedoch nicht eine exzessive private Internetnutzung während der Arbeitszeit. Davon wird man aber ausgehen können, wenn der Arbeitnehmer ein komplettes Fußballspiel während der Arbeitszeit am Live-Ticker verfolgt. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber berechtigt sein, den Mitarbeiter jedenfalls abzumahnen und in krassen Fällen, wie es beispielsweise beim Anschauen von mehreren Spielen hintereinander sein könnte, sogar fristlos zu kündigen.

Besteht ein Betriebsrat, ist das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zusätzlich zu beachten. Es bietet sich daher an, die Internet- und E-Mail-Nutzung in einer Betriebsvereinbarung zu regeln.

WM-Studio am Arbeitsplatz? 

Um auch am Arbeitsplatz in WM-Stimmung zu bleiben den eigenen Schreibtisch in Deutschlandfarben dekorieren oder im WM-Trikot erscheinen? Für echte Fußballfans kein abwegiger Gedanke. Aber auch hier hat der Arbeitgeber das letzte Wort. Grundsätzlich haben Arbeitnehmer kein Recht dazu, ihren Arbeitsplatz zu dekorieren. in manchen Fällen kann dies sogar gegen Brandschutzbestimmungen verstoßen.  Auch das Deutschland-Trikot kann der Arbeitgeber unterbinden, den er darf die Sicherheits- oder Dienstkleidung oder auch einen bestimmten Dresscode vorgeben. Ohne Rücksprache sollten Arbeitnehmer also auch nicht im Trikot auftauchen. 

Ist das Radio eine Ausnahme?

Dagegen ist beim Radiohören je nach Tätigkeit vorstellbar, dass man einerseits zuhören und andererseits weiterarbeiten kann. Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss v. 14.1.1986) entschieden, dass Radiohören am Arbeitsplatz erlaubt ist, vorausgesetzt,

  • der Arbeitnehmer erledigt seine Aufgaben konzentriert, zügig und fehlerfrei und
  • stört mit den Radiogeräuschen weder Kollegen noch Kunden.

Der Arbeitgeber kann das Radiohören während der Weltmeisterschaft dennoch verbieten. Er muss allerdings das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG beachten, denn die Frage, ob im Betrieb während der Arbeitszeit Radio gehört werden darf, betrifft die Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Ein ohne Zustimmung des Betriebsrats ausgesprochenes Verbot ist unwirksam.

WM-Tipp: Absprache zwischen Chef und Mitarbeitern

Im Zweifel lohnt sich immer das persönliche Gespräch. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten besprechen, was während der Fußball-WM am Arbeitsplatz erlaubt ist und was nicht. Ist der Arbeitgeber mit der Nutzung von Fernsehen, Tablet, Smartphone et cetera einverstanden, muss er dies grundsätzlich allen Arbeitnehmern erlauben. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Arbeitssituation in einzelnen Abteilungen sehr unterschiedlich ist. So kann der Arbeitgeber zum Beispiel einem Mitarbeiter am Schalter einer Bank das WM-Schauen beziehungsweise WM-Hören verbieten und es anderen Mitarbeitern erlauben, die keinen Kundenkontakt haben. Gut möglich, dass der Vorgesetzte selbst fußballbegeistert ist und sich dann sogar zum Teambuilding gemeinschaftliches Fußballerlebnis im Büro ermöglichen lässt. Arbeitgeber sollten dabei beachten, dass beim organisierten Public Viewing im Unternehmen GEMA-Gebühren anfallen können.  

Schlagworte zum Thema:  Betriebsveranstaltung, Arbeitszeit