Equal Pay in der Zeitarbeit

Zeitarbeitnehmer haben Anspruch auf "Equal Pay", also auf die gleiche Vergütung wie Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens. Arbeitgeber können aber durch wirksame Bezugnahme auf einen Tarifvertrag davon abweichen – die Voraussetzungen dafür hat das BAG in einem aktuellen Fall präzisiert.

Der Arbeitgeber muss dem Leiharbeitnehmer für die Dauer seiner Überlassung die gleiche Vergütung und die gleichen Arbeitsbedingungen gewährleisten, die der Stammbelegschaft im Entleiherbetrieb zustehen. Dieser Gleichstellungsgrundsatz ist in § 8 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Hiervon kann einzelvertraglich ausnahmsweise abgewichen werden: Durch Tarifvertrag oder eine wirksame Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf einen geltenden Tarifvertrag kann auch ein geringeres Arbeitsentgelt vereinbart werden. Dass die Inbezugnahme so erfolgen muss, dass der einschlägige Tarifvertrag vollständig anwendbar ist, hat das Bundesarbeitsgericht im aktuellen Fall eines entliehenen Kraftfahrers ausgeführt.

Leiharbeitnehmer klagt auf Vergütung nach Equal-Pay-Grundsatz

Der Kraftfahrer, der bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt war, erhielt während eines Einsatzes als Leiharbeitnehmer eine geringere Vergütung als die Stammarbeitnehmer: Von April 2014 bis August 2015 war er als Coil-Carrier-Fahrer bei einem Kunden des Zeitarbeitsunternehmens eingesetzt. Für seinen Einsatz dort als Leiharbeitnehmer vereinbarten die Parteien eine Stundenvergütung von 11,25 Euro brutto.

Die beim Entleiherbetrieb als Coil-Carrier-Fahrer tätigen Stammarbeitnehmer erhielten nach den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie ein deutlich höheres Entgelt. Vor Gericht verlangte der Kraftfahrer daraufhin für den Entleihzeitraum die Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und dem Entgelt, das Coil-Carrier-Fahrer beim Entleihbetrieb erhielten.

Arbeitsvertrag mit dynamischer Bezugnahmeklausel auf Zeitarbeitstarifvertrag

Der im Arbeitsvertrag des Kraftfahrers vereinbarte Vergütung nahm Bezug auf die Tarifverträge für die Zeitarbeit, die zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) geschlossenen sind. Neben der dynamischen Bezugnahmeklausel fanden sich im Arbeitsvertrag Regelungen, die teilweise von diesen tariflichen Bestimmungen für Leiharbeitnehmer abweichen.

Anspruch auf Equal Pay?

Die Vorinstanz hatte die arbeitsvertragliche Inbezugnahme auf die Zeitarbeitstarifverträge für wirksam erklärt und die Klage abgewiesen. Mit der Revision hatte der Kraftfahrer vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Die obersten Arbeitsrichter entschieden, dass dem Leiharbeitnehmer für die Dauer seiner Entleihung die gleiche Vergütung wie die der Stammbelegschaft im Entleiherbetrieb zustehe. Dies begründete das Gericht mit dem "Equal-Pay-Grundsatz" im Sinne von § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG in der bis zum 31.3.2017 geltenden Fassung. Nach Auffassung der Richter haben die Parteien keine nach § 9 Nr. 2 AÜG alte Fassung rechtmäßige Vereinbarung getroffen, um vom Gebot der Gleichbehandlung abweichen zu können.

Da sich der Fall auf die Jahre 2014 und 2015 bezieht, ist dem Urteil zwar die alte Fassung zugrunde gelegt, aber auch in der aktuell gültigen Fassung des AÜG ist der Equal-Pay-Grundsatz enthalten (§ 8 AÜG). 

Tarifvertrag: Bezugnahme entweder ganz oder gar nicht

In der Begründung führte das Gericht weiter aus, dass Systematik und Zweck der gesetzlichen AÜG-Bestimmungen erforderten, dass der einschlägige Tarifvertrag für die Arbeitnehmerüberlassung vollständig angewendet werde. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der Arbeitsvertrag Abweichungen von den tariflichen Bestimmungen enthielt. Diese wirkten auch nicht ausschließlich zugunsten des Arbeitnehmers.

Da keine ausreichenden Feststellungen über die Höhe der sich daraus ergebenden Differenzvergütungsansprüche getroffen wurden, verwies der Senat die Sache zurück an das LAG Bremen.

Hinweis: BAG, Urteil vom 16.10. 2019; Az: 4 AZR 66/18
Vorinstanz: LAG Bremen, Urteil vom 6.12. 2017, Az:  3 Sa 64/17


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