Ausblick 2018: Arbeitszeit, Befristung, Tarifbindung, Bürokratie

Der Ausblick auf das Jahr 2018 im Arbeitsrecht ist mehr denn je ein Blick in die Glaskugel, meint unser Kolumnist Alexander Zumkeller. Dennoch wagt er Prognosen zu Themen wie Arbeitszeit, Flexibilisierung, Befristung, Digitalisierung, Tarifbindung oder Bürokratieabbau.

Eigentlich ist es Zufall, dass ich diese Kolumne in der Vorweihnachtszeit schreibe, so könnte es aber ein Wunsch an das Christkind sein.  Erscheinen wird sie erst im neuen Jahr – dann könnte man sie als „gute Vorsätze“ bezeichnen. Wie dem auch sei, der Ausblick auf das Jahr 2018 im Arbeitsrecht ist mehr denn je ein Blick in die Glaskugel. Aber wenn schon Christkind und Glaskugel, dann tauchen wir doch gleich komplett in die Welt von Märchen, Sagen und Fantasy ein…

Arbeitsrecht 2018: Was das Christkind mit Parteiprogramme zu tun hat

Es war einmal ein Weißbuch, und es war einmal ein Parteiprogramm. Aber nicht eins, nicht zwei, nicht drei, sondern ganz, ganz viele. Erst legten Kaspar, Melchior und Balthasar ihr schwarzes, grünes und gelbes Buch auf den Tisch – dem Christkind wollte das aber nicht gefallen und es schob sie wieder vom Tisch. Einzig hartnäckig blieb das schwarze wie angeleimt darauf, flatterte aufreizend ein wenig mit seinen Seiten und rief so ein rotes herbei. Da liegen sie jetzt und das Christkind, müde vom Entscheiden (und eigentlich längst wieder für nächstes Jahr in den Karton gepackt) starrt immer noch auf deren Seiten …

Was werden wir also 2018 so erleben, um wieder in normale Sphären zurückzukommen?

Wahlarbeitszeit: Gewerkschaftsforderung als Steilvorlage

Ping-Pong-Gesetz Wahlarbeitszeit: Kaum ist das Gesetz in Berlin gescheitert, fand es sich abgewandelt auf dem Wunschzettel der IG Metall als Tarifforderung wieder. Die Tarifrunde steht noch an – aber ganz gleich, was rauskommt, für eine Bundesregierung mit roter Beteiligung ist dies so oder so eine klasse Vorlage.

Entweder wird es heißen: Was bei Metall geht, geht auch woanders – wir machen ein Gesetz draus. Oder: Wenn es die Gewerkschaften nicht hinbekommen, machen wir halt ein Gesetz draus. Prognose: wird kommen.

Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort: Aus Reform wird Reförmchen

Förderung der Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben, von zeit- und ortsflexibleren Arbeiten: Die Beschäftigten wünschen es sich, die Unternehmer auch. Eigentlich gute Voraussetzungen. Das Problem: beide Seiten wünschen sich mehr, als die Mehrheit im Bundestag sich das vorstellen mag: keine starren täglichen Höchstarbeitszeiten, keine starren Pausen und Ruhezeiten, sondern nach Bedarf – und der ist, beidseitig, manchmal auch unterschiedlich. Ein Programmsatz im Weißbuch garniert mit vielen Ansprüchen der Beschäftigten, der in seiner Kleinmütigkeit hinsichtlich der wirklichen Variabilität aber eines nicht wird: irgendwelchen Wünschen gerecht.

Hinderlich beim Thema „ortsflexibel“ ist auch die häufig als nicht unproblematisch zu bezeichnende mangelhafte Absicherung durch die Berufsgenossenschaft (BG). Schnell ist gerade beim ortsunabhängigen Arbeiten eine private Verrichtung dabei – und der BG-Schutz weg. Prognose: Ein kleines Reförmchen muss schon sein – schon wegen des Weißbuchs. Das darf ja nicht alles vergebens gewesen sein.

Das Ende der sachgrundlosen Befristung gut denkbar

Bei der sachgrundlosen Befristung stellt sich die Frage, wie stark der Arbeitnehmerflügel der Anhänger des schwarzen Programmbuchs ist. Letztlich könnte das Ende der sachgrundlosen Befristung zu einer Rechenaufgabe werden: Zusammen mit den hell- und dunkelroten Anhängern und ein wenig grün gesprenkelt könnte es – je nach Konstellation – dann ja klappen. Prognose: gut denkbar.

BetrVG: Digitalisierung und die betriebliche Mitbestimmung

Modernisierung der Betriebsverfassung, Einführung von EDV: Zwei Themenbereiche sind hier angeschnitten. Zum einen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, wo es wünschenswert wäre die gesetzliche Regelung „wieder zurückzuerlangen“. Damit meine ich, die Mitbestimmung dort eingreifen zu lassen, wo Leistung oder Verhalten kontrolliert werden sollen – und nicht nur können. Prognose: völlig illusorisch, da in Deutschland Neuerungen immer als Gefahr angesehen werden und es daher mehrfacher Kontrolle und Absicherungen bedarf.

Zum Anderen die Einführung von Video-Konferenzen bei Betriebsratssitzungen oder Aushänge über das Intranet. Prognose: Sachte positiv, denn schon liest man,

  • dass mutige Betriebsräte das einfach schon machen, und
  • einige Gesetze tatsächlich schon den elektronischen Aushang ausreichen lassen.

Schwierige Prognose zur Tarifbindung

Stärkung der Tarifbindung: wollen viele, die Wege dorthin sind unterschiedlich. Eine Mediation dazu wäre sinnvoll (aber völlig unwahrscheinlich), ob die Handlungsoption „mehr Druck auf Nicht-Tarifgebundene“ oder aber „mehr Spielräume für die Sozialpartner“ oder gar „Deregulierung und damit Verhandlungsspielräume schaffen“ den richtigen Anstoß liefern. Schwierig. Prognose: die eine oder andere Öffnungsklausel vielleicht, dazu ein wenig mehr Allgemeinverbindlichkeit.

Und sonst?

Bürokratieabbau, „one in – one out“: Da kommen wir doch gleich und ohne große Begründung zur Prognose, schon aus der Erfahrung: Wir sollten uns nicht auf weniger, sondern auf deutlich mehr Administration einstellen.

Ausblick Arbeitsrecht: Hoffnungsschimmer oder Heldentot?

Schließen wir wieder etwas märchen-, sagen- oder fantasy-haft: Prinzen und noch mehr Prinzessinnen leben da üblicherweise glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. In Sagen und Fantasy stirbt schon mal der wirkliche Held. Wie´s im Arbeitsrecht ausgeht? Denkbar ist alles, auch ein unzufriedenes Weiterleben bis ans Ende aller Zeiten, an dem auch die Hoffnung (aber zu allerletzt bitte!) stirbt.


Alexander R. Zumkeller, Präsident des Bundesverbands der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU), blickt in seiner Kolumne aus der Unternehmenspraxis auf arbeitsrechtliche Themen und Trends.

Schlagworte zum Thema:  Arbeitszeitmodell, Arbeitsrecht