Arbeitgeber haftet bei Beschädigung eines PKW auf Betriebsgelände

Starke Windböen schoben einen Großmüllbehälter auf den – im Betriebshof abgestellten – PKW eines Arbeitnehmers. Das LAG Düsseldorf hat nun wegen des demolierten Wagens entschieden: Der Arbeitgeber sei seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen und hafte deshalb auf Schadensersatz. 

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Pflicht, berechtigterweise auf das Betriebsgelände mitgebrachte Sachen des Arbeitnehmers vor Beschädigungen zu schützen. Bei schuldhafter Pflichtverletzung haftet er auf Schadensersatz. Wie weit aber die Pflicht geht, müssen Gerichte im Einzelfall nach Treu und Glauben bestimmen. 

Der Fall: Haftung des Arbeitgebers bei Totalschaden des Arbeitnehmer-PKW auf Betriebshof?

Der Arbeitnehmer parkte sein Fahrzeug mit Erlaubnis seiner Arbeitgeberin, einer Gemeinde, während der Dienstzeit auf dem Betriebshof der Arbeitgeberin. Dort befand sich auch ein Großmüllbehälter. Dieser wurde während des Tiefs Zoran durch eine extreme Windeinwirkung gegen den PKW des Arbeitnehmers geschoben, wobei das Auto des Arbeitnehmers so stark beschädigt wurde, dass es einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt.

Den Differenzbetrag zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert, 1.380,00 Euro, bekam der Arbeitnehmer von der Versicherung erstattet. Die wiederum verlangte das Geld vor Gericht von der Arbeitgeberin aufgrund der erbrachten Versicherungsleistung sowie die Erstattung der Kosten für ein Wettergutachten von 47,00 Euro. Ausweislich dieses Gutachtens herrschte an dem Tag, als der PKW durch den Großmüllbehälter beschädigt wurde, eine Windgeschwindigkeit von 85 km/h. 

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch Arbeitgeber?

Die Versicherung vertrat vor Gericht die Ansicht, die Arbeitgeberin habe die ihr gegenüber ihrem Arbeitnehmer obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Unter anderem sei es nicht ausreichend gewesen, den Müllbehälter mit Radbremsen zu sichern. Weiter sei kein hinreichend windgeschützter Aufstellort gewählt worden. Nach Auffassung der Versicherung stellten Windgeschwindigkeiten von 85 km/h auch kein außergewöhnliches Naturereignis oder höhere Gewalt dar.

Die Arbeitgeberin argumentierte, es sei ausreichend gewesen, dass einer ihrer Mitarbeiter den Müllbehälter ordnungsgemäß abgestellt und die Sperren betätigt habe. Durch den Wind sei der Müllbehälter erst umgeworfen und dann gegen den PKW geweht worden. Dies sei nicht vorhersehbar gewesen, da die Böen an dem Tag sogar mehr als 85 km/h gehabt hätten.

ArbG Wesel: Ordnungsgemäße Sicherung, kein Schadensersatzanspruch 

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Nach Ansicht der Richter sei kein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen die Arbeitgeberin gegeben, der auf die klagende Versicherung habe übergehen können. Sie bestätigten zwar, dass der Gemeinde als Arbeitgeberin die Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf den abgestellten PKW des Arbeitnehmers oblegen habe. Eine Pflichtverletzung konnten sie nicht erkennen: In der Begründung führte das Gericht aus, es sei überzeugt, dass der Müllbehälter gegen den PKW geweht wurde und nicht dagegen gerollt sei. Eine Pflicht, den Müllbehälter gegen ein Umfallen und Verwehen in Seitenlage zu sichern, habe aber nicht bestanden.

LAG Düsseldorf: Beweislast liegt beim Arbeitgeber

Anders als vor dem Arbeitsgericht Wesel hatte die Klage vor dem LAG Düsseldorf, abgesehen von der Erstattung der 47 Euro, Erfolg. Die beklagte Gemeinde ist nach Auffassung des Gerichts zur Erstattung des Schadens von 1.380 Euro verpflichtet. Sie haftet, weil sie ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt hat. Die Beweislast dafür, dass keine Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde, liegt bei der Arbeitgeberin, also der Gemeinde. Der Umstand, dass deren Großmüllbehälter das Fahrzeug des Arbeitnehmers zerstört hat, indiziere die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Diese Verletzung konnte die Gemeinde nicht ausräumen. 

Verkehrssicherungspflicht beinhaltet Sicherung und Kontrolle

Nach der Sturmwarnung vor dem Tief Zoran war sie verpflichtet, ihr Betriebsgelände abzugehen und etwaige Gefahrenquellen zu sichern. Der Umstand, dass die Feststellbremsen des Großcontainers bei der letzten Leerung angezogen worden waren, reichte dem Gericht nicht zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht. Es hätte einer weiteren, späteren Kontrolle bedurft. Zudem konnte angesichts einer Windgeschwindigkeit von 85 km/h bzw. einer Windstärke 9 nicht von einem unabwendbaren Ereignis oder einem so starken Sturm, bei dem keine Sicherheitsmaßnahmen mehr helfen, ausgegangen werden, so das LAG in seiner Urteilsbegründung.

Kein Mitverschulden des Arbeitnehmers

Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers hat das Gericht verneint, weil dieser seinen PKW bei Arbeitsbeginn um 7 Uhr auf dem Betriebsgelände parkte und den ganzen Tag über im Außeneinsatz war. Nach Meinung der Richter durfte er durfte davon ausgehen, dass die beklagte Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Betriebshofs ergriffen hatte bzw. ergreifen werde. Die Kosten für das Wettergutachten waren im konkreten Fall nicht erstattungsfähig.

Hinweis: LAG Düsseldorf, Urteil vom 11. September 2017, Az: 9 Sa 42/17; Vorinstanz: Arbeitsgericht Wesel, Urteil vom 16. Dezember 2016, 5 Ca 1194/16 

Schlagworte zum Thema:  Verkehrssicherungspflicht, Urteil