EuGH zur Arbeitszeit: Ruhetag spätestens nach zwölf Tagen

Einen Ruhetag pro Woche sieht die EU-Arbeitszeitrichtlinie für EU-Beschäftigte vor. Das heißt aber nicht, dass dieser spätestens nach sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen gewährt werden muss, wie der EuGH nun entschieden hat. Die wöchentliche Ruhezeit kann auch anders verteilt werden.

Einen Anspruch auf eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden innerhalb von sieben Tagen, das sieht die EU-Arbeitszeitrichtlinie für Beschäftigte innerhalb der EU vor. Die Richtlinie beinhaltet also einen Ruhetag zusätzlich zur täglichen Ruhezeit von elf Stunden. Wie die Wendung "pro Siebentageszeitraum" auszulegen ist, darüber hatte nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu entscheiden. Weil sie ein autonomer Begriff des Unionsrechts ist und gerade kein Verweis auf das Recht der Mitgliedsstaaten, war die Wendung jedenfalls einheitlich für die EU auszulegen.

Arbeitszeit: Ruhetag spätestens nach sechs Arbeitstagen?

Im konkreten Fall aus Portugal ging es um einen Angestellten in einem Casino. Dieser arbeitete teilweise an sieben aufeinanderfolgenden Tagen. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses forderte der Angestellte nun Entschädigungszahlungen. Weil ihm sein ehemaliger Arbeitgeber die Pflichtruhetage nicht gewährt habe, stehe ihm nun die entsprechende Vergütung der gearbeiteten Überstunden zu.

Nun fragte das Berufungsgericht in Porto beim EuGH im Zusammenhang mit einem Vorabentscheidungsverfahren an, ob Arbeitgeber die kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden spätestens nach sechs aufeinanderfolgenden Arbeitstagen gewähren müssen.

EuGH: Wöchentliche Ruhezeit innerhalb Siebentageszeitraum wählen

Die Luxemburger Richter stützen die Ansicht des Casino-Angestellten nicht. Die wöchentliche Ruhezeit könne vielmehr an einem beliebigen Tag innerhalb eines Siebentageszeitraums gewährt werden. Dies bedeute gerade nicht, dass dies spätestens nach sechs Arbeitstagen der Fall sein muss.

Damit kann ein Arbeitnehmer – bei Betrachtung eines Zwei-Wochen-Zeitraums – die Ruhezeit beispielsweise auch direkt zu Beginn eines Zeitraums nehmen und somit theoretisch bis zu zwölf Tage am Stück arbeiten.

EU-Arbeitszeitrichtlinie schreibt keinen fixen Zeitpunkt vor

Zur Begründung brachte der EuGH vor, dass der Zeitpunkt der Mindestruhezeit in der EU-Arbeitszeitrichtlinie im Wortlaut nicht festgelegt sei. Auch das Ziel der Richtlinie – die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer wirksam zu schützen – spreche nicht dafür, dass bereits nach sechs Arbeitstagen am Stück ein Ruhetag gewährt werden müsse.

Laut Gericht erlaubt die Richtlinie vielmehr eine gewisse Flexibilität. Zwar müsse jedem Arbeitnehmer eine angemessene Ruhezeit zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des konkreten Zeitpunkts bleibt den Mitgliedsstaaten jedoch ein Ermessen. Diese Auslegung, das betonten die Luxemburger Richter, könne auch den beschäftigten zugutekommen. Schließlich lasse sie auch mehrere aufeinanderfolgende Ruhetage zu – am Ende eines und am Anfang des darauffolgenden Bezugszeitraums.

Arbeitszeit: Richtlinie lediglich Mindestschutz für Arbeitnehmer

Nicht zuletzt betonte der Gerichtshof auch, dass die Richtlinie lediglich einen Mindestschutz für Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung darstellt.  Die EU-Staaten dürfen mit ihren Vorschriften daher – bezogen auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmer – auch über den Standard der Arbeitszeitrichtlinie hinausgehen. Auch in diesem Sinne günstigere Tarifverträge oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern dürfen die Mitgliedsstaaten fördern oder gestatten.

Arbeitszeitgesetz: Ersatzruhetag wegen Verbot der Sonntagsarbeit

In Deutschland dürften zwölf Arbeitstage am Stück bislang schon eher die Ausnahme sein. Prinzipiell schafft das in § 9 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelte Verbot der Sonntagsarbeit einen wöchentlichen Ruhetag. Allerdings sind in § 10 ArbZG einige Ausnahmen zum Beschäftigungsverbot geregelt. Dies betrifft zum Beispiel Not- und Rettungsdienste, Krankenhäuser oder auch Gaststätten.

Als Ausgleich für die Sonntagsarbeit sieht das ArbZG weitere Schutzvorschriften für die am Sonntag eingesetzten Arbeitnehmer vor. In § 11 ArbZG ist beispielsweise – neben mindestens 15 beschäftigungsfreien Sonntagen pro Jahr und einer Höchstarbeitszeit – zwingend ein Ersatz-Ruhetag innerhalb von zwei Wochen vorgesehen.

Abweichungen durch Tarifvertrag möglich

Die Vorschrift des § 12 ArbZG gestattet den Tarifparteien wiederum, Einzelfragen der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung abweichend vom Arbeitszeitgesetz zu regeln. Gerade die Tariföffnungsklauseln in § 12 Nr. 1 und Nr. 2 ArbZG erlauben es den Tarifvertragsparteien, die Anzahl der arbeitsfreien Sonntage und Ersatzruhetage zu variieren oder abweichende Ausgleichsfristen festzulegen.


Hinweis: EuGH, Urteil vom 9. November 2017, Az. C-306/16

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