Aufzeichnungspflicht Mindestlohn: Künftig weniger Bürokratie

Seit der Einführung des Mindestlohns sind die damit zusammenhängenden Dokumentationspflichten ein Streitpunkt in der Koalition. Nun scheint die Arbeitsministerin einzulenken: Die für viele Arbeitgeber lästigen Aufzeichnungspflichten sollen ab einer Gehaltsschwelle von 2.000 Euro entfallen.

Bereits wenige Wochen nach dessen Einführung forderten Vertreter der Union vehement, die bürokratische Last in Form von Dokumentationspflichten durch das Mindestlohngesetz abzubauen. So sollte beispielsweise die jetzige Gehaltsschwelle für den von den Arbeitgebern geforderten Nachweis für die Arbeitszeit der Mitarbeiter von 2.958 Euro auf 1.900 Euro herabgesetzt werden.

Aufzeichnungspflicht beim Mindestlohn: Lohngrenze soll herabgesetzt werden

Arbeitgeber müssen bislang – soweit sie zu einer der im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Branchen zählen – für Arbeitnehmer bis zu dieser Lohngrenze den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzeichnen (Details zur Dokumentationspflicht lesen Sie hier). Im Ende April stattfindenden Koalitionsgipfel hatte sich jedoch Arbeitsministerin Andrea Nahles durchgesetzt und keine Änderungen zugelassen.

Mindestlohn: Dokumentationspflicht betrifft künftig weniger Mitarbeiter

Nun, ein halbes Jahr nach Einführung des Mindestlohns, lockert die Ministerin die umstrittenen Dokumentationspflichten. Bei Arbeitsverhältnissen mit längerem Bestand müssen Arbeitgeber künftig die Arbeitszeit nicht mehr aufzeichnen, wenn der regelmäßige Lohn 2.000 Euro brutto übersteigt und die letzten zwölf Monate auch tatsächlich bezahlt wurde. Das kündigte die SPD-Politikerin nun in Berlin an.

Komplett entfalle die bislang existierende Gehaltsschwelle von 2.958 Euro jedoch nicht. Wichtig sei der hohe Wert etwa bei Saisonarbeitern mit vielen Überstunden, sagte Nahles. Diese könnten so einen Lohn mit Mindestlohn durchaus erreichen, wenn sie sehr viel arbeiteten. "Da ist aus meiner Sicht ein pragmatischer Weg gefunden worden", sagte sie Arbietsministerin zu der nun gefundenen Lösung. Erst vor wenigen Wochen hat die Gastronomiebranche längere Höchstarbeitszeiten pro Tag gefordert und eben das Verlangen nach einer geringeren Gehaltsschwelle wiederholt.

Reaktionen: "Spürbare Entlastung von unötiger Bürokratie"

Die Union begrüßte die Ankündigungen. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte: "Gerade für den Mittelstand sind die Lockerungen bei Aufzeichnungspflichten eine spürbare Entlastung von unnötiger Bürokratie." Weitere Schritte müssten aber folgen. Der CDU-Mittelstandspolitiker Christian von Stetten sagte der dpa: "Wenn jetzt der gesunde Menschenverstand in das Arbeitsministerium zurückkehrt, begrüße ich das sehr." Dass die notwendigen Änderungen nur durch eine Verordnung und nicht durch eine Änderung des Mindestlohngesetzes erreicht werden könnten, bezweifle er aber.

Einhaltung des Mindestlohns muss kontrollierbar bleiben

Der Unions-Sozialpolitiker Peter Weiß (CDU) unterstützte die Änderung: "Wo Verstöße unwahrscheinlich sind, wie etwa bei Verdiensten über 2000 Euro, brauchen die Betriebe nicht unnötig mit Aufzeichnungspflichten belastet zu werden." Andererseits werde nun gewährleistet, "dass die Einhaltung des Mindestlohnes auch künftig kontrollierbar bleibt". Für die CSU genügten die Anpassungen nicht. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner meinte gegenüber der „Passauer neuen Presse“, Nahles zeige zwar Einsicht, aber "die Korrektur reicht nicht aus". Sie solle "dringend nochmal mit Mittelständlern reden, die aus der Praxis kommen"

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dpa
Schlagworte zum Thema:  Mindestlohn, Arbeitszeiterfassung