Betriebsbedingte Kündigung bei Einsatz von Leiharbeitnehmern

Ein Arbeitgeber durfte Stammarbeitnehmern nicht betriebsbedingt kündigen, da er sie alternativ auf Arbeitsplätzen von Leiharbeitnehmern hätte weiter beschäftigen können. Dies entschied das LAG Köln im Fall eines Automobilzulieferers, der fortlaufend Leiharbeitnehmer beschäftigte.

Betriebsbedingte Kündigungen sind zulässig, wenn aufgrund von betrieblichen Umständen kein Bedarf mehr an der Ar­beits­leis­tung der betroffenen Ar­beit­neh­mer besteht, weil beispielsweise Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen. Was gilt aber, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat sich in zwei Verfahren mit dieser Frage beschäftigt und kam zu dem Schluss, dass der Arbeitgeber in diesem Fall alternative Beschäftigungsmöglichkeiten gehabt hätte: Er hätte die gekündigten Arbeitnehmer auf den Stellen der Leiharbeitnehmer weiter beschäftigen müssen, da fortlaufend beschäftigte Leiharbeitnehmer keine Vertretungsreserve seien.

Betriebsbedingte Kündigung von Stammarbeitnehmern

Der Arbeitgeber, ein Automobilzulieferer, kündigte mehreren Arbeitnehmern betriebsbedingt. Der Grund: Es sei bei ihm ein Personalüberhang entstanden, da sein Auftraggeber das Volumen seiner Autoproduktion reduziert habe. Die gekündigten Arbeitnehmer waren Stammarbeitnehmer. Der Automobilzulieferer beschäftigt neben 106 Arbeitnehmern auch Leiharbeitnehmer. In den knapp zwei Jahren vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigungen setzte der Arbeitgeber fortlaufend - mit wenigen Unterbrechungen wie zum Jahresende oder während der Werksferien - sechs Leiharbeitnehmer im Betrieb ein.

Betriebsbedingte Kündigungen erst nach Re­du­zie­rung von Leih­ar­beit?

Das LAG Köln hat die Urteile der Vorinstanz bestätigt und in zwei Verfahren entschieden, dass die betriebsbedingten Kündigungen unwirksam waren. Aus Sicht des Gerichts hätten die Arbeitnehmer auf den Arbeitsplätzen der Leiharbeitnehmer weiterbeschäftigt werden können. Diese seien als freie Arbeitsplätze anzusehen.

Das Gericht wies in seiner Begründung darauf hin, dass dies zwar nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG nicht gelte, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer als Personalreserve zur Abdeckung von Vertretungsbedarf beschäftige.

Leiharbeiter vorliegend keine Personalreserve für Vertretungsbedarf

Das LAG Köln verneinte vorliegend aber, dass der Arbeitgeber die Leiharbeitnehmer im Unternehmen als eine solche Vertretungsreserve beschäftige. Fortlaufend beschäftigte Leiharbeitnehmer würden nicht als Personalreserve zur Abdeckung von Vertretungsbedarf im Unternehmen eingesetzt, sondern für ein ständig vorhandenes Arbeitsvolumen. Wenn immer wieder unterschiedliche Arbeitnehmer in einem absehbaren Umfang ausfielen, könne man nicht von einem schwankenden, sondern müsse von einem ständig vorhandenen (Sockel-)Arbeitsvolumen sprechen.

Keine Vertretung bei dauerhaftem Bedarf

Dazu verwies das LAG Köln auf die Entscheidung des für das Befristungsrecht zuständigen 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts, der entsprechend entschieden habe, dass der Sachgrund der Vertretung nicht vorliege, wenn der Arbeitgeber mit der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers einen dauerhaften Bedarf abdecken wolle.

Das Landesarbeitsgericht hat in beiden Verfahren die Revision zugelassen.

Hinweis: Landesarbeitsgericht Köln, Urteile vom 02.09.2020, Az: 5 Sa 14/20, Az: 5 Sa 295/20  


Das könnte Sie auch interessieren:

Sind betriebsbedingte Kündigungen in der Corona-Krise möglich?

Werkverträge sauber von Leiharbeit abgrenzen

Interview: Befristete Arbeitnehmerüberlassung als Alternative zur Kurzarbeit

Schlagworte zum Thema:  Betriebsbedingte Kündigung, Leiharbeit, Urteil