Anerkennungsgesetz: Qualifizierte Zuwanderung weiter schwierig

Ein Bericht der Bundesregierung fünf Jahre nach Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes zieht ein positives Fazit: Ausländer sind besser in den Arbeitsmarkt integriert oder häufiger qualifikationsadäquat beschäftigt. Eine Rechtsanwältin aus der Praxis stimmt diesem Lob nur bedingt zu.

Zu Recht hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka das Anerkennungsgesetz als Brücke in eine Beschäftigung, die der Qualifikation entspricht, angepriesen. Denn derjenige, der für seine im Ausland erworbene Qualifikation die Gleichwertigkeit erreicht, bekommt durch den gesetzlichen Rahmen nun die Möglichkeit, entsprechend seiner Qualifikation eingesetzt zu werden.

Dass in Deutschland nach wie vor ausländische Ärzte und Ingenieure (besonders aus Ländern wie Iran, Irak und Syrien) als Taxifahrer arbeiten, ist noch immer die Regel. Für sie kam das Anerkennungsgesetz zu spät. Seit der Einführung der Vorschriften war jedoch die Hoffnung gestiegen, dass künftig in Deutschland kein Ausländer mehr unter seiner Qualifikation beschäftigt wird.

Vorteil Anerkennungsgesetz: Anspruch auf Gleichwertigkeitsprüfung

Mit dem Anerkennungsgesetz wurde Ausländern erstmalig und übergreifend in der Geschichte des Ausländerrechts ein Rechtsanspruch auf ein Verfahren zur Gleichwertigkeitsprüfung ihrer Qualifikation gewährt – unabhängig von der Staatsangehörigkeit, vom Aufenthaltsstatus, vom Aufenthaltsort und von der finanziellen Situation. Durch diese Entkoppelung haben nicht nur Geduldete und Asylsuchende einen Rechtsanspruch auf Gleichwertigkeitsprüfung, sondern auch Antragsteller aus dem Ausland.

Vorteil Anerkennungsgesetz: Aufenthaltstitel für Bildungsmaßnahme

Als positiv zu bewerten ist auch die Einführung des § 17a Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Vorschrift räumt Ausländern die Möglichkeit ein, zwecks Anerkennung der Berufsqualifikation einen Aufenthaltstitel für die Durchführung einer Bildungsmaßnahme und einer sich daran anschließenden Prüfung für eine Dauer von 18 Monaten zu erhalten. Dieser Anspruch besteht erst seit August 2015 und trat – aus welchen Gründen auch immer - nicht zeitgleich mit dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) in Kraft, sondern erst drei Jahre später.

Vorteil: BQFG Weitere Verfahren zur Gleichwertigkeit

Angesichts der Zahl der Flüchtlinge aus Kriegs- und Armutsgebieten, die vorrangig nach Deutschland flüchten, ist zudem die Einführung der Qualifikationsanalyse gemäß § 14 BQFG als sinnvoll zu beurteilen. Wenn der Antragsteller unverschuldet Nachweisdokumente nicht beibringen kann oder diese Dokumente unvollständig sind, bietet § 14 BQFG die Qualifikationsanalyse. Hierbei sollen die Kenntnisse und Fertigkeiten an Hand von Fachgesprächen oder Arbeitsproben festgestellt werden.

Beispiel: Stipendienprogramm Hamburg

In diesem Zusammenhang ist das "Stipendienprogramm Hamburg" hervorzuheben. Das Programm dient der Sicherung des Lebensunterhalts für die Dauer einer Ausgleichsmaßnahme oder Anpassungsqualifizierung. Nach diesem Programm werden 50 Prozent als Zuschuss und weitere 50 Prozent als zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt. Zusätzlich kann für die anfallenden Kosten im Rahmen des Anerkennungsverfahrens ein nicht rückzahlbarer Einmalzuschuss über maximal 12.000 Euro beantragt werden.

Von diesem Programm können allerdings nur Antragsteller profitieren, die bereits einen Aufenthaltstitel für Deutschland besitzen und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Hamburg haben. Ob andere Bundesländer nachziehen, bleibt abzuwarten.

Fünf Jahren Anerkennungsgesetz: Nachteil durch deutsche Arroganz?

Doch es gibt auch eine Kehrseite: Obwohl das Anerkennungsgesetz vor fünf Jahren in Kraft trat und die Bundesregierung intensiv an seinem Gelingen arbeitet, sind noch immer keine außerordentlichen Erfolge zu feiern. Die Zahl der Antragsteller steigt weiterhin im "Schneckentempo".

Dies liegt meines Erachtens einmal daran, dass Deutschland sein Bildungsniveau zu Unrecht höher bewertet als das Bildungsniveau anderer Länder. Die Folge:  Die Antragsteller werden zur "Nachbesserung" ihrer im Ausland erworbenen Qualifikation gezwungen. Dies kann bis zu drei Jahren in Anspruch nehmen.

Nachteil Anerkennungsgesetz: Hohe Kosten für den Antragsteller

Des Weiteren stellen die Kosten einer Gleichwertigkeitsprüfung eine kaum zu überwindende finanzielle Hürde dar. Es ist nicht nur das gebührenpflichtige Anerkennungsverfahren, das Kosten verursacht. Auch die von der zuständigen Stelle aufgegebene "Nachbesserung" der Qualifikation – die Anpassungs- oder Ausgleichsmaßnahmen also – kann im Einzelfall mehrere Tausend Euro betragen. Hinzu kommen Gutachterkosten, Kosten für Übersetzungen et cetera.

Der hierfür eingeführte Anerkennungszuschuss von maximal 600 Euro kann nicht annähernd die Kostenlast decken, wenn zum Beispiel ein Arzt für eine „Nachbesserung“ seiner Qualifikation zwischen 5.000 und 9.000 Euro auf den Tisch legen muss. Auch der nach dem SGB II und III eingeführte Zuschuss kann die Last der Antragsteller nicht wirklich minimieren.

Nachteil: Keine bundesweite Vereinheitlichung der Sprachanforderungen

Ein weiteres Hindernis bilden die Anforderungen an die deutschen Sprachkenntnisse. Berufsbezogene Sprachkursangebote, zum Beispiel im Gesundheitsbereich, werden nach wie vor durch die unterschiedliche Umsetzung von Sprachanforderungen in den Ländern erschwert. Eine Vereinheitlichung ist nach fünf Jahren noch nicht gelungen. Viele Ärztinnen und Ärzte, die einen Antrag auf Approbation stellen, wissen daher oft nicht, welche Sprachzertifikate anerkannt werden.

Auch fünf Jahre nach Inkrafttreten der Vorschriften bleibt das Thema "Anerkennung von Qualifikationen" also weiterhin unübersichtlich. Trotz einiger wichtiger Vorteile ist das Ziel, durch das Gesetz die qualifizierte Zuwanderung zu forcieren und damit dem steigenden Fachkräftemangel zu begegnen, nicht annähernd erreicht.

 

Autorin: Güler Doğan ist Rechtsanwältin bei und Gründungs-Gesellschafterin von Employland. Auf der Vermittlungsplattform können sich ausländische Fachkräfte mit ihrem Profil registrieren. Neben der Vermittlung an Arbeitgeber in Deutschland erledigt Employland sämtliche juristischen Schritte, die mit der Arbeitszuwanderung der ausländischen Fachkraft verbunden sind.

Schlagworte zum Thema:  Flüchtlinge