Wird eine Teilzeitkraft über die arbeitsvertraglich vereinbarte individuelle regelmäßige Arbeitszeit hinaus eingesetzt, so leistet diese – bis zum Erreichen der tariflichen Vollarbeitszeit – Mehrarbeitsstunden (§ 7 Abs. 6 TVöD).

Der Tarifvertrag enthält hinsichtlich der Mehrarbeitsstunden von Teilzeitkräften keine ausdrückliche Entgeltregelung. Damit gilt die oben, Ziffer 2.2.4.1 geschilderte Regelung zu "Arbeitsstunden, die keine Überstunden sind" auch hier: Soweit für die Mehrarbeitsstunden keine entsprechende Freizeit innerhalb des regelmäßigen Ausgleichszeitraums gewährt werden kann, sind die Mehrarbeitsstunden mit 100 % des individuellen Stundenentgelts auszuzahlen.

 
Wichtig

Für Mehrarbeitsstunden stehen einer Teilzeitkraft Zeitzuschläge grundsätzlich nicht zu. Die Mehrarbeitsstunden werden mit dem individuellen Stundenentgelt – also dem auf eine Stunde umgerechneten Entgelt der im Einzelfall konkret zustehenden Entgeltgruppe und -stufe – vergütet.

Erst wenn eine Teilzeitkraft "zuschlagspflichtige Überstunden" leistet, fallen Überstundenzuschläge an.

Ein Anspruch auf Überstundenzuschläge besteht jedoch, wenn eine in Wechselschicht- oder Schichtarbeit eingesetzte Teilzeitkraft auf Anordnung des Arbeitgebers über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus Arbeit leistet (sog. "ungeplante Überstunden").[1]

Eine Vorschrift, die Überstundenzuschläge nur bei Überschreiten der Vollzeitarbeit vorsieht, enthält nach Rechtsprechung des EuGH[2] keine unzulässige Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften und ist nach Auffassung des EuGH damit zulässig. Die Teilzeitbeschäftigten erhalten für die gleiche Anzahl geleisteter Arbeitsstunden die gleiche Gesamtvergütung wie die Vollzeitbeschäftigten. Dies gilt sowohl für die Stunden bis zum Erreichen der tarifvertraglich festgesetzten Regelarbeitszeit – hier wird den Teilzeitkräften wie den Vollzeitkräften lediglich das Stundenentgelt gezahlt –, als auch bei Überschreiten der regelmäßigen Vollarbeitzeit. Die Überstundenzuschläge kommen im letztgenannten Fall den Teilzeitkräften genauso zu wie den Vollzeitkräften. Damit liegt keine Ungleichbehandlung zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten vor.

Art. 119 EWG-Vertrag und Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG vom 10.2.1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen verbieten es nicht, dass ein Tarifvertrag die Zahlung von Überstundenzuschlägen nur bei Überschreiten der tarifvertraglich für Vollzeitbeschäftigte festgelegten Regelarbeitszeit vorsieht.

Der 10. Senat des BAG hatte noch mit Urteil vom 26.4.2017[3] zur Auslegung eines Haustarifvertrags die bisherige ständige Rechtsprechung bestätigt, derzufolge Teilzeitbeschäftigte keinen Anspruch auf tarifvertragliche "Mehrarbeitszuschläge" haben für Arbeitsstunden, die nur ihre individuell vereinbarte monatliche Arbeitszeit, nicht jedoch die Vollzeitarbeit übersteigen. Der 6. Senat des BAG hatte mit Urteil vom 23.3.2017[4] lediglich für den Fall der "ungeplanten Überstunden" bei Wechselschicht- oder Schichtarbeit Teilzeitkräften Überstundenzuschläge zugesprochen. In der maßgeblichen Regelung in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD findet sich im Wortlaut kein Bezug zur Vollarbeitszeit.

Der 10. Senat des BAG hat in einer Pressemitteilung vom 19.12.2018[5] anlässlich einer Entscheidung zum Tarifvertrag der Systemgastronomie allerdings Folgendes veröffentlicht:

  • Teilzeitbeschäftigte sind benachteiligt, wenn die Zahl der Arbeitsstunden, von der an ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung entsteht, nicht proportional zu ihrer vereinbarten Arbeitszeit vermindert würde.
  • Der 10. Senat des BAG gibt seine bisherige gegenläufige Rechtsansicht (BAG, Urteil v. 26.4.2017) ausdrücklich auf und schließt sich der Auffassung des 6. Senats (BAG, Urteil v. 23.3.2017) an.

Das Urteil des BAG vom 19.12.2018 erging zum Manteltarifvertrag für die Systemgastronomie. Mit der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin im konkret entschiedenen Fall war eine Jahresarbeitszeit vereinbart. Die Teilzeitarbeitnehmerin leistete mehr als die vertraglich vereinbarte Jahresarbeitszeit, aber weniger als Vollzeit. Der Arbeitnehmerin wurde ein Anspruch auf den Mehrarbeitszuschlag für die Arbeitszeit, die über die individuell festgelegte Arbeitszeit hinausgeht, zugesprochen. Die Auslegung des dort streitgegenständlichen Tarifvertrags ergebe, dass Teilzeitbeschäftigte mit vereinbarter Jahresarbeitszeit einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für die Arbeitszeit haben, die über ihre individuell festgelegte Arbeitszeit hinausgeht.

Der Manteltarifvertrag für die Systemgastronomie enthält hinsichtlich des Begriffs der Mehrarbeit und des Mehrarbeitszuschlags folgende Regelung:

Zitat

Mehrarbeit im Sinne des Tarifvertrages ist diejenige Arbeitsleistung, die über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit nach Ziff. 1 hinausgeht und ausdrücklich vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurde.

Mehrarbeit ist mit einem Zuschlag von 25 % des Brutto...

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