Das Weisungsrecht selbst kann auch Voraussetzung für tarifvertragliche Ansprüche des Weisungsbefugten sein. Insbesondere im Hinblick auf Eingruppierungstatbestände ist die Übertragung von einem qualifizierten Weisungsrecht von besonderer Bedeutung.

 

Beispiel

Die Eingruppierung eines Arztes als Oberarzt i. S. d. EG Ä 3 erste Fallgruppe TV-Ärzte setzt u. a. voraus, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung übertragen worden ist. Das Tätigkeitsmerkmal kann nur dann erfüllt werden, wenn dem Oberarzt ein Aufsichts- und – teilweise eingeschränktes – Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist. Ihm muss dabei mindestens ein Facharzt der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte unterstellt sein.[1]

An die Übertragung durch den Arbeitgeber sind auch hier im Regelfall keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es gelten die zivilrechtlichen Grundsätze über Willenserklärungen oder Realakte. So kann das Weisungsrecht etwa durch organisatorische Maßnahmen oder verwaltungsinterne Anweisungen, wie etwa Dienstanweisungen, Verwaltungsverfügungen oder einem Geschäfts- bzw. Organisationsplan vermittelt werden.[2] In der Regel ist damit der Teil des Weisungsrechtes gemeint, der die Arbeitsleistung des untergebenen Beschäftigten umfasst.

 
Praxis-Beispiel

Nicht ausreichend ist die Übertragung einer "Kontrollfunktion" für die Arbeitsleistung anderer Beschäftigter. Damit ist vielmehr die Aufgabe gemeint, das jeweilige Arbeitsergebnis etwa im Hinblick auf Form, Vollständigkeit, Plausibilität und Stil zu prüfen.[3]

Soweit jedoch eine tarifliche Anforderung einer "ausdrücklichen" Zuweisung oder Unterstellung einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern besteht, ist in der Rechtsprechung regelmäßig darauf abgestellt worden, dass dafür eine darauf gerichtete Willenserklärung des Arbeitgebers erforderlich ist.[4] Für die arbeitsvertragliche Wirkung ist daher notwendig, dass diese Erklärung der ausdrücklichen Anordnung dem Angestellten nach § 130 BGB zugeht. Ein lediglich konkludentes Verhalten oder die faktische Herstellung entsprechender Organisationsformen ist dann ebenso wenig ausreichend, wie die Benachrichtigung von den Unterstellungsverhältnissen lediglich gegenüber den unterstellten Angestellten.[5] Weil es sich dabei um eine Änderung des Arbeitsvertrags handelt und die vom Angestellten nunmehr "auszuübende Tätigkeit" (vgl. § 22 Abs. 2 BAT) hierdurch (neu oder erstmals) bestimmt wird, muss die ausdrückliche Anordnung auch von dem zuständigen Organ des jeweiligen öffentlichen Arbeitgebers getroffen worden sein.[6]

Die Tatbestandsanforderung kann darüber hinaus weitere qualifizierte Anforderungen im Hinblick auf das Weisungsrecht oder die Übertragung enthalten. So kann auch die "ständige" Unterstellung von Beschäftigten und damit die Dauerhaftigkeit der Vorgesetztenfunktion gefordert sein. Darunter ist eine ununterbrochene, auf gewisse, nicht unerhebliche Dauer ausgelegte Unterstellung zu verstehen. Als "ständige" Unterstellung ist jedenfalls eine länger als ein Jahr dauernde ununterbrochene Übertragung des Weisungsrechts anzunehmen.[7] Diese qualifizierte Anforderung muss ausdrücklich dem Willen des Arbeitgebers zu entnehmen sein.

Ein einheitlicher Arbeitsvorgang kann auch mit und ohne Leitungsfunktion (Weisungsfunktion) zu bewerten sein. Für die Zeiten, in denen keine entsprechende Funktion – mangels anzuleitenden Personen – auszuüben ist, bleibt es bei der bloßen Grundfunktion als Arbeitsergebnis.[8]

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