Arbeitgeber üben das Weisungsrecht in aller Regel nicht als eigene Person aus. Insbesondere bei juristischen Personen ist es erforderlich, dass dazu bestellte Vertreter dies im Einzelfall für den Arbeitgeber übernehmen. Diese Vertreter sind im Verhältnis zum Arbeitgeber haftungsrechtlich Erfüllungsgehilfen i. S. d. § 278 BGB.[1] Das bedeutet, dass der Arbeitgeber einem geschädigten Beschäftigten gegenüber für schuldhaft begangene Rechtsverletzungen, die für ihn als Erfüllungsgehilfen eingesetzte Mitarbeiter oder Vorgesetzte begehen, haftet.[2] Dabei ist es unerheblich, ob er bei der Auswahl, Anleitung, Unterweisung oder Beaufsichtigung des Dritten die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt oder gelassen hat. Der Arbeitgeber muss das Risiko eines fehlerhaften Verhaltens seines Erfüllungsgehilfen deshalb tragen, weil dieser eine Aufgabe übernimmt, die er als Arbeitgeber selbst hätte ausfüllen müssen.

 
Praxis-Beispiel

Eine Kommune beabsichtigt, das Gebäude des Asylbewerberheims grundlegend zu sanieren. Der Beschäftigte führte mit 3 weiteren Angestellten Sanierungsarbeiten durch. Ein Mitarbeiter eines Bauunternehmens weist die zuständige Führungskraft darauf hin, dass bei den Sanierungsarbeiten asbesthaltiger Staub freigesetzt werde. Dieser erklärte, das Vorhandensein asbesthaltigen Materials sei allgemein bekannt und drängte auf die Fortsetzung der Arbeiten ohne ausreichenden Schutz. Der Arbeitgeber haftet für evtl. Spätfolgen aus § 278 BGB.

Voraussetzung ist, dass die schuldhafte Handlung des Vorgesetzten in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm als Erfüllungsgehilfen zugewiesen hat. Kennzeichen einer solchen Zuweisung ist die Übertragung der Weisungsbefugnis und der damit verbundenen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Die Anordnungen des Vorgesetzten müssen so ausgestaltet sein, dass der Beschäftigte gegen Gefahren für Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, wie es die Natur der Aufgabe ermöglicht.

Befolgt der Beschäftigte eine unrechtmäßige Weisung des Arbeitgebers, hat er dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung von Nachteilen aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Mit Erteilung einer unrechtmäßigen Weisung verstößt der Arbeitgeber schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem die Unrechtmäßigkeit zweifelsfrei festgestellt ist, darf der Arbeitgeber nicht daran festhalten.[3] Der Arbeitgeber kann dem Beschäftigten nicht entgegenhalten, dass dieser ja die Ausführung der Weisung hätte verweigern können. Der Gefahr einer arbeitsrechtlichen Sanktion durch die Beklagte etwa in Form einer Abmahnung oder sogar Kündigung muss sich der Beschäftigte nicht aussetzen. Nach § 249 BGB hat der Schuldner den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit dies nicht möglich ist, hat der Schuldner den Gläubiger nach § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen.[4] Der Beschäftigte ist jedoch verpflichtet, zumutbare Maßnahmen zur Minimierung des Schadens vorzunehmen.

Im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten hat die unwirksame Weisung keine Rechtsfolgen für die Beschäftigten und die zuletzt ausgesprochene wirksame Weisung bleibt weiterhin, etwa bei der Übertragung von Tätigkeiten, erhalten.[5]

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