Das Weisungsrecht ist Ausdruck der abhängigen Arbeit. Durch sie erfolgt eine Konkretisierung der geschuldeten Leistung. Im Umkehrschluss ist alles, was ein Beschäftigter auf die Weisung des Arbeitgebers an Arbeitsleistung erbringt, grundsätzlich auch zu entgelten.[1]

 
Praxis-Beispiel

Aufgrund einer Anweisung des Arbeitgebers sind die Mitarbeiter verpflichtet, die nach den Regelungen einer Dienstvereinbarung zu tragende Dienstkleidung außerhalb ihrer Dienstzeit in einer von 2 Ausgabestellen abzuholen. Sie haben die Öffnungszeiten der Ausgabestellen zu beachten, sind aber ansonsten in der Wahl des Zeitpunkts frei.

Die Abholung der Dienstkleidung ist Arbeit, weil sie dem Beschäftigten im Rahmen des zustehenden Weisungsrechts abverlangt wird, mit seiner eigentlichen Tätigkeit unmittelbar zusammenhängt und ausschließlich den Interessen des Arbeitgebers dient.[2] Der Arbeitgeber schuldet seinerseits die Vergütung für alle Dienste, die der Beschäftigte aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Direktionsrechts zu leisten hat.[3] Weisungen sind jedoch unzulässig, soweit sie die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers kürzen, z. B. durch Anordnung von Kurzarbeit.[4]

Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist dabei die Fremdnützigkeit. "Arbeit" als Leistung der versprochenen Dienste i. S. d. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient.[5]

 
Praxis-Beispiel

Der Beschäftigte konnte bislang auf dem Betriebsgelände mit seinem Privat-Pkw auf einer nicht als Parkplatz gekennzeichneten Freifläche parken. Aufgrund versicherungsrechtlicher Bedenken verbietet der Arbeitgeber allen Beschäftigten, diese Fläche zu nutzen. Dadurch verlängert sich der Arbeitsweg um 15 Min. je Hin- und Rückweg bis zum nächsten öffentlichen Parkplatz.

Der längere Arbeitsweg ist keine Arbeitszeit, da es sich nicht um einen Dienst für den Arbeitgeber handelt. Die Qualifikation einer bestimmten Zeitspanne als Arbeitszeit im Sinne des gesetzlichen Arbeitszeitschutzrechts führt nicht zwingend zu einer Vergütungspflicht, wie umgekehrt die Herausnahme bestimmter Zeiten aus der Arbeitszeit nicht die Vergütungspflicht ausschließen muss.[6]

So erbringt der Beschäftigte beim eigennützigen Zurücklegen des Wegs von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück regelmäßig keine Arbeit für den Arbeitgeber.[7] Anders ist es jedoch, wenn der Beschäftigte seine Tätigkeit außerhalb des Betriebs zu erbringen hat. In diesem Falle gehört das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten.[8] Nicht nur die Fahrten zwischen den Kunden, auch die zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück bilden mit der übrigen Tätigkeit eine Einheit und sind insgesamt die Dienstleistung i. S. d. §§ 611, 611a BGB und als solche prinzipiell vergütungspflichtig. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann für Fahrtzeiten, die der Beschäftigte in Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht erbringt, eine andere Vergütungsregelung als für die "eigentliche" Tätigkeit getroffen werden. In der Summe aller vergütungspflichtigen Zeiten muss jedoch der Mindestlohn erfüllt werden.[9]

Häufig sind Entgeltansprüche nur anhand abstrakter Kriterien zu bestimmen, die nicht ohne Weiteres aus der konkreten Arbeitsleistung ermittelbar sind. Der Anspruch auf eine Wechselschichtprämie gemäß § 8 Abs. 5 TVöD hängt davon ab, ob die Tätigkeit dauerhaft zugewiesen wurde.[10] Es hängt daher vom Weisungsrecht des Arbeitgebers ab, ob dieser Entgeltbestandteil vom Beschäftigten beansprucht werden kann oder nicht. Soweit auch die vertretungsweise Übertragung dem billigen Ermessen entspricht (siehe Punkt 4.8), muss ggf. aus den Umständen der Übertragung ermittelt werden, was der Arbeitgeber angeordnet hat.[11] Wird dem Beschäftigten eine zuschlagspflichtige Arbeit zugewiesen, kommt es nicht darauf an, dass diese Arbeit auch tatsächlich ausgeübt wird. Der Entgeltanspruch entsteht mit der Weisung.[12] Etwas anderes gilt nur, wenn der Anspruch selbst die Ausübung der Tätigkeit als Tatbestandsvoraussetzung enthält, wie etwa bei einer Erschwerniszulage.

Auch die reine Möglichkeit einer Weisungserteilung hat keine Auswirkungen auf die Gegenleistung, wie etwa im Rahmen der Stufenaufstiege. Aus einer theoretischen Übertragbarkeit von Aufgaben kann keine einschlägige Berufserfahrung abgeleitet werden.[13]

Mit der Weisungserteilung legt der Arbeitgeber den (zeitlichen) Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung fest. Daraus ergibt sich der Gegenanspruch auf Entgelt. Im Streitfall muss der Beschäftigte nur darlegen, zu welchen Zeiten er welche Weisung des Arbeitgebers befolgt hat. Zweifelt der Arbeitgeber den zeitlichen Umfang an, muss er allgemein oder im konkreten Einzelfall den Zeitaufwand für die Erledigung der zugewiesenen Arbeiten ermitteln. Insbesondere in den Fällen, in denen eine direkte Kontrolle nicht möglich ist, weil die Leistungserbringung nicht im Betrieb erfolgt, hat er geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen oder Erkundi...

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