Entscheidungsstichwort (Thema)

Untersagung der Durchführung einer außerordentlichen Personalversammlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 113 Abs. 1, lt.c) und Absatz 2 SPersVG i.V.m. § 85 Abs. 2 ArbGG und § 935, 940 ZPO, kann ungeachtet der Bestimmung des § 85 Abs. 2 ArbGG alleine durch den Vorsitzenden der Personalvertretungskammer ergehen, wenn die Heranziehung der zur Mitwirkung berufenen ehrenamtlichen Richter der Kammer im Hinblick auf das vorliegende Eilbedürfnis zu einer unvertretbaren Verzögerung führen würde. Wegen der besonderen Dringlichkeit kann die Entscheidung auch ohne vorherige mündliche Verhandlung (§ 937 Abs. 2 ZPO) ergehen.

Die Dienststelle ist befugt, auf die konsenskonforme Durchführung der vom Personalrat anberaumten Personalversammlung hinzuwirken, etwa wenn mit der Personalversammlung das Gebot der betrieblichen Friedenspflicht nach § 69 Abs.2 SPersVG verletzt wird.

2. Die Dienststelle hat einen durch einstweilige Verfügung zu hier in Anspruch auf Unterlassung einer außerordentlichen Personalversammlung, wenn der Personalrat mit der Einberufung gegen die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat sowie insbesondere gegen das Gebot zur Nichteinmischung in einen laufenden Arbeitskampf verstößt.

3. Die Anberaumung einer außerordentlichen Personalversammlung während eines andauernden rechtmäßigen Arbeitskampfes von 6 Uhr bis 16 Uhr eines Arbeitstages mit einer vier Tagesordnungspunkte umfassenden, allgemein gefassten und nahezu unsubstantiierten Tagesordnung verstößt der Personalrat gegen die ihn obliegende Neutralitätspflicht.

 

Normenkette

SPersVG § 113 Abs. 1 lt. c, Abs. 2, § 69 Abs. 2; ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940, 937 Abs. 2

 

Tenor

Dem Beteiligten zu 2. wird untersagt, eine außerordentliche Personalversammlung für die Beschäftigten des Verwaltungs- und Technischen Personals der Beteiligten zu 1. am Donnerstag, dem 30.03.2006, in der Zeit von 06.00 Uhr bis 16.00 Uhr durchzuführen.

 

Tatbestand

I. Die Beschäftigten des Verwaltungs- und Technischen Personals der Beteiligten zu 1. befinden sich – nach Angaben der Beteiligten zu 1. seit 20.02.2006 – im derzeit andauernden, rechtmäßigen Arbeitskampf.

Auf seiner außerordentlichen Sitzung am 23.03.2006 beschloss der Beteiligte zu 2. unter Tagesordnungspunkt 1 einstimmig, am 30.03.2006 eine außerordentliche Personalversammlung durchzuführen, legte den Beginn auf 6.00 Uhr und das Ende auf voraussichtlich 16.00 Uhr fest. Die Einladung zur außerordentlichen Personalversammlung, die der Beteiligten zu 1. am 23.03.2006 um 13.45 Uhr zuging, enthält folgende Tagesordnung:

  1. „Eröffnung und Annahme der Tagesordnung
  2. Berichte
  3. Ansprache des Vertreters der Gewerkschaft VER.Di
  4. Verschiedenes”.

Die Zeit der Veranstaltung ist mit „Donnerstag, dem 30.03.2006 – 6.00 bis 16.00 Uhr angegeben.

Mit am 24.03.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz beruft sich die Beteiligte zu 1. darauf, dass die Einberufung der gemäß § 48 Abs. 2 SPersVG einberufenen Personalversammlung aus verschiedenen Gründen unrechtmäßig sei.

So habe der Beteiligte zu 2. kein Protokoll des Beschlusses über die Einberufung der Personalversammlung vorgelegt. Nach ihrer Kenntnis sei es zweifelhaft, dass die Beschlussfähigkeit gemäß § 36 Abs. 2 SPersVG des Beteiligten zu 1. vorgelegen habe, da viele Personalratsmitglieder zurzeit nicht anwesend seien. Weiter wird bezweifelt, dass die formalen Anforderungen an das Zustandekommen eines Personalratsbeschlusses gegeben seien. Laut § 33 Abs. 2 SPersVG müsse der Vorsitzende die Sitzung mindestens drei Tage im Voraus einberufen und unter Nennung der Tagesordnung dazu einladen. Ein Fall der Eilbedürftigkeit des Beschlusses über die Einberufung der Personalversammlung, der einen Verzicht auf die genannte Frist ermögliche, liege nicht vor. Somit sei der Beschluss über die Einberufung der Personalversammlung nicht rechtmäßig zustande gekommen.

Deren Einberufung zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Großteil des Verwaltungs- und Technischen Personals regelmäßig noch nicht am Arbeitsplatz weile, sei zudem rechtsmissbräuchlich. Dies werde noch durch die Einberufung über einen Zeitraum von zehn Stunden verstärkt. Es sei allgemein anerkannt, dass der Personalrat bei der Einberufung einer Personalversammlung nur die für die Behandlung der anstehenden Themen erforderliche Zeit in Anspruch nehmen dürfe. Bei einer angestrebten Versammlungsdauer von zehn Stunden sei ein angemessenes Verhältnis zwischen behandelten Inhalten und erforderlichem Zeitraum, insbesondere im Hinblick auf die kurze Tagesordnung, nicht gegeben. Im Hinblick auf die angegebene Dauer der Personalversammlung sei zudem nicht zu erwarten, dass sich die Ansprache des Vertreters der Gewerkschaft VER.DI im Rahmen der rechtlich insoweit vorgegebenen Schranken halten könne.

Im Übrigen dienten der Versammlungstermin und die angestrebte Versammlungsdauer einzig dem Zweck, den sich im Streik befindlichen Bediensteten der Beteiligten zu 1. d...

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