Konkretes Vorgehen zur Ermittlung des Urlaubsentgelts bei einer Verminderung der Arbeitszeit ohne Verminderung der Arbeitstage

Der zu Jahresbeginn erworbene Urlaub ist noch nicht voll genommen worden und es erfolgt eine Verminderung der Anzahl der Arbeitstage bzw. eine Verminderung der wöchentlichen Arbeitszeit. Hier ist der Jahresurlaub grundsätzlich für jeden Abschnitt getrennt zu ermitteln.

Für den Teil des Urlaubsanspruchs, der vor der Arbeitszeitänderung erworben (und noch nicht realisiert) wurde, ist hinsichtlich des Urlaubsentgelts noch die frühere Arbeitszeit maßgeblich, wenn dieser Urlaubsanspruch nach der Arbeitszeitänderung erfüllt wird. Der EuGH und ihm nachfolgend das BAG sieht den vorher erworbenen Urlaubsanspruch damit als eine Art Wertguthaben an, das im Urlaubsentgelt nicht durch Anpassung an die im Urlaubszeitraum geltende geringere Arbeitszeit geschmälert werden darf. Insoweit sind § 26 Abs. 1 Satz 1 und § 21 Satz 1 TVöD, wonach das Urlaubsentgelt nach dem Entgeltfortzahlungsgrundsatz berechnet wird, unwirksam.[1]

 
Praxis-Beispiel

Die Beschäftigte A ist in Vollzeit in der 5-Tage-Woche im Geltungsbereich des TVöD beschäftigt. Aus privaten Gründen möchte sie ihre Arbeitszeit von 39 Stunden auf 19,5 Stunden reduzieren, die sie weiterhin an 5 Tagen pro Kalenderwoche ausüben will. Der Arbeitgeber ist einverstanden. Beide schließen einen Änderungsvertrag zum 1.7.2017 ab. Wie bisher auch erhält die Beschäftigte 30 Arbeitstage Urlaub, da sie weiterhin an 5 Tagen in der Woche arbeitet. Der Unterschied liegt in der Bezahlung. Das Urlaubsentgelt für den in Vollzeit erworbenen Urlaub i. H. v. 15 Tagen ist nach der Rechtsprechung des EuGH wie auch des BAG anhand des Vollzeitentgelts zu berechnen. Für die weiteren 15 Urlaubstage erhält sie Teilzeitentgelt.

Das BAG hat dies mit Urteil vom 20.3.2018, 9 AZR 486/17 bestätigt. In diesem Fall arbeitete die Klägerin bis 31.7.2015 in Teilzeit mit einer Teilzeitquote von 35/40. Ab 1.8.2015 reduzierte sie die Arbeitszeit auf 20 Stunden. In der Folgezeit nahm die Klägerin insgesamt an 47 Arbeitstagen Urlaub, der insgesamt in der Zeit vor der Arbeitszeitreduzierung erworben wurde. Das beklagte Land errechnete das Urlaubsentgelt gem. den §§ 26 Abs. 1, 21 Satz 1 TV-L auf der Basis der verringerten Arbeitszeit. In seinem Urteil nahm das BAG ausdrücklich Bezug auf sein Urteil vom 10.2.2015, 9 AZR 53/14(F) und erklärte die §§ 26 Abs. 1 Satz 1, 21 Satz 1 TV-L wegen mittelbarer Benachteiligung von Teilzeitkräften insoweit für nichtig, soweit sie das Urlaubsentgelt für einen Urlaub nach Verringerung der Regelarbeitszeit auch in den Fällen nach dem Entgeltausfallprinzip bemessen, in denen der Urlaub aus der Zeit vor der Arbeitszeitreduzierung stammt. Im Streitfall war daher das Urlaubsentgelt unter Zugrundelegung einer Teilzeitquote von 35/40 zu berechnen.

Damit stellt sich aber zugleich die Frage nach der konkreten Berechnung des Urlaubsentgelts.

Das BAG hat in den Entscheidungsgründen zu seiner neuen Rechtsprechung[2] keine eigenen Ausführungen zur Umsetzung im Hinblick auf das Urlaubsentgelt getroffen. Das BAG beschränkte sich darauf, lediglich die Ausführungen zur Bemessung des Urlaubsentgelts aus Rn. 35 der Urteilsbegründung der "Tirol"-Entscheidung des EuGH zu wiederholen.

Bei der Umsetzung stellt sich nun die Problematik, dass der Gedanke des EuGH eines erarbeiteten "Wertguthabens", das später zur Auszahlung kommt, vergangenheitsbezogen ist, wobei der EuGH zur Berücksichtigung von späteren Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur keine Aussagen getroffen hat. Nach deutschem Recht hingegen ist der Urlaubsanspruch gegenwartsbezogen. Gemäß § 11 BUrlG sind zwischenzeitlich eingetretene Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur (allgemeine Tariferhöhungen, Höhergruppierungen und Stufensteigerungen) bei der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen.

Auf der Grundlage des deutschen Rechts sind daher bei der konkreten Berechnung grundsätzlich zwischenzeitlich eingetretene Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur zu berücksichtigen. Dem entspricht auch die konkrete Umsetzung im Bereich des TVöD. Nach § 21 TVöD erfolgt die konkrete Berechnung des auf den einzelnen Urlaubstag entfallenden Urlaubsentgelts in 2 Teilbeträgen, die zu addieren sind:

Der 1. Teilbetrag besteht aus dem aktuellen Tabellenentgelt (und ggf. den sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteilen) im Urlaubsmonat. Maßgeblich ist hierbei der arbeitstägliche, nicht der kalendertägliche Tagesdurchschnitt.[3] Ausgangspunkt der Überlegung ist § 24 TVöD. Gezahlt wird ein Entgelt für den Kalendermonat unabhängig von der Anzahl der Arbeitstage. In dem Monat in Vollzeit ohne Urlaub hätte der Beschäftigte ebenfalls pauschal ein Monatsentgelt unabhängig von der Zahl der Arbeitstage und der arbeitsfreien Wochenenden erhalten. Das Entgelt stellt aber eine Gegenleistung nur für die geleistete Arbeit und nicht für die arbeitsfreien Wochenenden dar. Damit steht es in einem Gegenseitig...

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