Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 24.3.2009 klargestellt, dass der zusätzlich gewährte Urlaub von den Vorgaben des EuGH nicht betroffen ist. Dieser Teil des Urlaubs kann also weiterhin "frei" geregelt werden. Dieser Spielraum besteht nicht nur im Wege der kollektivrechtlichen Regelungen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung), sondern auch per (Formular-)Arbeitsvertrag. Allerdings müssen nach Auffassung des BAG für einen Regelungswillen, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen vertraglichen/bzw. tarifvertraglichen Ansprüchen unterscheidet, deutliche Anhaltspunkte bestehen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs als auch für die Frage, wann der Anspruch wieder verfällt. Bei "Alt-Verträgen" geht das BAG[2] davon aus, eine Trennung von gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub müsse in der Regelung einen deutlichen Ausdruck gefunden haben, was nur ausnahmsweise anzunehmen sei. Andernfalls gilt, dass die Vertragsparteien den Zusatzurlaub mit dem gesetzlichen Urlaub verknüpfen wollten. Eine solche Verknüpfung ist etwa anzunehmen, wenn der Vertrag lediglich die Formulierung enthält:

Zitat

Es besteht ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen.

Ausreichend für eine "Abkoppelung" soll es hingegen sein, wenn in einer kollektivrechtlichen Regelung folgende Aussage zu finden ist:

Zitat

Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen angetreten ist, verfällt, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist.

Im Urteil vom 23.3.2010, 9 AZR 128/09 hat das BAG ausgeführt, deutliche Anhaltspunkte für einen differenzierenden Regelungswillen der Vertrags- oder Tarifvertragsparteien seien bereits dann gegeben, wenn sich die (Tarif-)Vertragsparteien in weiten Teilen vom gesetzlichen Urlaubsregime lösen und stattdessen eigene Regeln aufstellen. Gegenstand des Rechtsstreits war der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (MTAng-BfA), dessen Urlaubsregelungen inhaltlich denjenigen des BAT ent­sprechen. Für den vorliegenden Fall hat das BAG ausgeführt, die Tarifvertragsparteien hätten in § 47 MTAng-BfA (= § 47 BAT) ein weitgehend vom Gesetzesrecht gelöstes Urlaubsrecht geschaffen. Das BAG hat deshalb dem Kläger die von ihm geltend gemachte Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs nicht zuerkannt.

Mit dem Urteil des BAG vom 12.4.2011, 9 AZR 80/10 hat diese Rechtsprechung eine weitere Konkretisierung erfahren. Im konkreten Fall ging es um eine Urlaubsregelung des Manteltarifvertrags Nr. 14 für das Bodenpersonal (MTV Boden) zur Wartung, Instandhaltung und Ausstattung von Flugzeugen. Das BAG führte aus, der Tarifvertrag müsse deutliche Anhaltspunkte dafür enthalten, dass der Tarifvertrag vom grundsätzlichen Gleichlauf zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub abweiche. Dies sei der Fall, wenn der Tarifvertrag

  • entweder zwischen gesetzlichem Urlaub und tariflichem Mehrurlaub unterscheide
  • oder sowohl für Mindest- als auch Mehrurlaub wesentlich von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende Übertragungs- und Verfallsregeln bestimme.

Unterscheide der Tarifvertrag zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub, so sei es regelmäßig gerechtfertigt, auch hinsichtlich des Verfalls von Urlaubsansprüchen entsprechend zu differenzieren. Ein entsprechender, zwischen beiden Urlaubsarten differenzierender Regelungswille der Tarifvertragsparteien lasse sich jedoch nicht schon daraus herleiten, dass ein Tarifvertrag sich insgesamt vom gesetzlichen Urlaubsregime löst und stattdessen eigene Regeln aufstelle.[3]

Für die im konkreten Fall in Streit stehende Urlaubsregelung des Manteltarifvertrags Nr. 14 für das Bodenpersonal (MTV Boden) des beklagten Dienstleistungsunternehmens zur Wartung, Instandhaltung und Ausstattung von Flugzeugen hat das BAG eine ausreichende Differenzierung abgelehnt. Der Urlaub verfiel nach dem Tarifvertrag – wie der gesetzliche Mindesturlaub – am 31.3. des Folgejahres.

Für den Bereich des TVöD hat das BAG mit Urteil vom 22.5.2012[4] entschieden, dass die Regelung des TVöD ein eigenständiges Fristenregime enthalte. Zwar hätten die Tarifvertragsparteien des TVöD nicht ausdrücklich zwischen dem gesetzlichen, unionsrechtlich verbürgten Mindesturlaub von 4 Wochen und dem tariflichen Mehrurlaub differenziert. Sie haben sich jedoch nach Auffassung des BAG mit der Regelung in § 26 Abs. 2 TVöD hinreichend deutlich vom gesetzlichen Fristenregime in § 7 Abs. 3 BUrlG gelöst, indem sie die Übertragung und den Verfall des Urlaubsanspruchs eigenständig geregelt haben. Dies hindert die Annahme eines "Gleichlaufs" des gesetzlichen Mindesturlaubs und des tariflichen Mehrurlaubs und bewirkt, dass der tarifliche Mehrurlaub der Verfallregelung des § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD unterliegt. Die Rechtslage zur Übertragung und Verfall des Urlaubs bei langer Erkrankung stellt sich zusammenfassend wie folgt dar:

Der gesetzliche Urlaub wird in das nächste Urlaubsjahr übertragen und verfällt nach weiteren 15 Monaten.

Der tarifliche Mehrurlaub wi...

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