Die Wartezeit richtet sich nach § 4 BUrlG. Danach ist die erstmalige Geltendmachung des Vollurlaubsanspruchs vom Ablauf der Wartezeit abhängig (zur Besonderheit beim Teilurlaubsanspruch s. obige Darlegungen unter Punkt 4.1). Die Wartezeit verhindert das Entstehen eines Vollurlaubsanspruchs nach § 3 BUrlG in den ersten 6 Monaten – dieser Anspruch wird nicht etwa aufgeschoben, sondern er existiert nicht. Dies kann zu Problemen führen bei vom Arbeitgeber angeordneten Betriebsferien. Denn Arbeitnehmer, sofern sie in der ersten Hälfte des Kalenderjahres eingetreten sind und in einem Dauerarbeitsverhältnis stehen, haben wegen der Nichterfüllung der Wartezeit noch keinen Urlaubsanspruch.[1] Beschäftigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht, gerät er in Annahmeverzug. Zulässig ist es aber, in diesem Ausnahmefall Urlaub im Vorgriff auf den im Kalenderjahr noch entstehenden Urlaub zu gewähren.

Die Wartezeit muss nicht in einem Kalender- oder Urlaubsjahr zurückgelegt werden, sondern kann sich auch über den Jahreswechsel hinziehen. Für das erste von der Wartezeit betroffene Kalenderjahr entsteht ein sofort fälliger Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 BUrlG (s. obige Darlegungen unter Punkt 4.1).

Der Beginn der Wartezeit richtet sich nach § 187 BGB. Dabei unterscheidet diese Vorschrift für die Frage, ob der erste Tag der Frist mitzuzählen ist oder nicht, danach, ob das maßgebliche Ereignis, nämlich der Beginn des Arbeitsverhältnisses, bereits am Beginn des Tages vorliegt (§ 187 Abs. 2 Satz 1 BGB – dann mitzuzählen) oder erst im Laufe des Tages eintritt (§ 187 Abs. 1 BGB – dann nicht mitzuzählen). Im Regelfall greift die erste Alternative. Daher beginnt die Wartezeit mit dem rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses. Das ist regelmäßig der erste Tag der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Dieser Tag ist aber auch dann maßgeblich, wenn es zu einer Arbeitsaufnahme nicht kommt, weil z. B.

  • es sich um einen Samstag, Sonn- oder Feiertag handelt oder
  • der Arbeitnehmer erkrankt ist,
  • der Arbeitnehmer unentschuldigt fehlt.

Problematisch erscheint der Fall des unentschuldigten Fehlens. Insoweit dürfte es – wie beim Beginn der gleich gestalteten Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG – treuwidrig sein, wenn der Beschäftigte gleichwohl den Beginn der Wartefrist für sich reklamiert.

Die Laufzeit der Wartezeit beträgt 6 Monate und schreitet grundsätzlich fort, solange das Arbeitsverhältnis rechtlich ununterbrochen besteht. Arbeitsunfähigkeit nach § 22 TVöD, Sonderurlaub nach § 28 TVöD, Arbeitsbefreiungen nach § 29 TVöD oder Zeiten des Mutterschutzes oder einer Elternzeit unterbrechen die Wartezeit nicht.

Auf die Laufzeit angerechnet werden unmittelbar vorangehende Zeiten in einem Ausbildungs- oder sonstigen Berufsbildungsverhältnis im Sinne des BBiG als Heimarbeiter oder arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger. Auch dem Arbeitsverhältnis unmittelbar vorgeschaltete Aushilfs-, Probe- oder Schnupperarbeitsverhältnisse oder geringfügige Beschäftigungen im Sinne des § 8 SGB IV erfüllen die Wartezeit.[2]

Das Ende der Wartezeit richtet sich nach § 188 BGB. Für den Normalfall der Praxis, dem Beginn des Arbeitsverhältnisses mit dem Anfang des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme, bestimmt § 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB, dass die Frist mit dem Ablauf des Tages endet, welcher dem Tag vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

Beispiele

 
Erster Tag des Arbeitsverhältnisses Ende der Wartefrist um 24 Uhr
1.1. 30.6.
29.2. 28.8.[3]
1.3. 31.8.
1.7. 31.12.
1.9. 28./29.2. (§ 188 Abs. 3 BGB)
15.10. 14.4.
31.10. 30.4.

Problematisch sind die Fälle, bei denen das Ende der Wartefrist mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses zusammenfällt.

 
Praxis-Beispiel

Der TVöD-Beschäftigte wird vom 1.1. bis zum 30.6. befristet beschäftigt; das Arbeitsverhältnis wird nicht fortgesetzt. Er hat noch keinen Urlaub erhalten. Kann er nun die Abgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) des vollen Urlaubsanspruchs von 20 Arbeitstagen verlangen? Dies wäre dann der Fall, wenn er nach Erfüllung der Wartefrist in der ersten Jahreshälfte ausscheidet. (Die Kürzungsregelung des § 26 Abs. 2 Buchst. b TVöD würde hier nicht greifen, da hierdurch der gesetzliche Mindestanspruch unterschritten würde.)

Das BAG ist in einer älteren Entscheidung[4] davon ausgegangen, dass ein Arbeitnehmer, der mit dem Tag der erfüllten Wartezeit, hier also dem 30.6., ausscheidet, die Wartezeit erfüllt hat. Dem kann nicht gefolgt werden. Denn das Entstehen des Anspruchs auf Vollurlaub setzt den Ablauf der Wartefrist voraus, folgt ihm also nach. Das Ende der Wartezeit und das Entstehen des Vollurlaubs können daher nicht auf denselben Tag fallen.[5] Dieser Auffassung ist dann auch das BAG gefolgt und hat seine Rechtsprechung aus dem Jahr 1967 aufgegeben.[6] Im Beispiel besteht daher nur ein Abgeltungsanspruch für 15 Urlaubstage.

 
Praxis-Beispiel

Das auf 6 Monate befristete TVöD-Arbeitsverhältnis beginnt am 1.7. eines Jahres. Nach den §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB ist die Wartezeit mit dem 31.12. des Jahres vollendet. Gleic...

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