Verbreitet werden Arbeitsverhältnisse "in Anlehnung an den TVöD" abgewickelt. Dies kann geschehen durch ausdrückliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder durch tatsächliche Handhabung. Häufig hat der Arbeitgeber dabei die Vorstellung, er könne sich jeweils die für ihn im Einzelfall günstige TVöD-Regelung aus dem Tarifvertragswerk – nach der "Rosinen-Theorie" – heraussuchen.

Nach einer Entscheidung des BAG bedeutet eine Bestimmung, wonach eine Gratifikation in Anlehnung an die Regelung des öffentlichen Dienstes erfolgen soll, nicht ohne weiteres, dass ein Rechtsanspruch gewährt wird.[1]

 
Praxis-Tipp

Letztlich handelt es sich bei der Formulierung "in Anlehnung an den BAT/TVöD" um eine bloße Absichtserklärung des Arbeitgebers, die eine eigenständige Bedeutung nicht gewinnt. Durch eine wiederholte vorbehaltlose Abwicklung einzelner Tatbestände nach dem BAT/TVöD kann sich aber ein Anspruch aus betrieblicher Übung ergeben (vgl. Ziffer 2.3).

In aller Regel sind Arbeitsverträge vom Arbeitgeber vorformuliert. Es gilt damit die sog. Unklarheitenregelung, womit Zweifel zulasten desjenigen gehen, der die Vorformulierung verwendet. Die Rechtsprechung fordert, dass die in Bezug genommene Regelung des Tarifvertrags so genau bezeichnet ist, dass Irrtümer des Beschäftigten hinsichtlich der für ihn geltenden Regelung ausgeschlossen sind (Bestimmtheitsgrundsatz).[2]

Meist wird die Verwendung des Begriffs "in Anlehnung an den BAT/TVöD" von der Rechtsprechung zulasten des Arbeitgebers ausgelegt:

  • Da die Formulierung "in Anlehnung an …" für sich genommen keine rechtliche Bedeutung hat, kann ein Arbeitgeber sich nicht auf tarifliche Ausschlussfristen berufen.[3]
  • Zu dem bis 30.9.2005 (TVöD) / 31.10.2006 (TV-L) maßgebenden Zuwendungstarifvertrag zum BAT entschied das BAG: Eine Weihnachtszuwendung, die der Arbeitgeber nach dem Zuwendungstarifvertrag für Angestellte hat leisten wollen – ohne dies ausdrücklich zu vereinbaren –, kann nicht nach § 1 Abs. 5 Zuwendungstarifvertrag zurückgefordert werden.[4]

Der Arbeitgeber kann nicht argumentieren, er selbst habe eine Leistung nach dem Tarifvertrag erbracht, also müsse sich der Arbeitnehmer auch an den Vorschriften festhalten lassen, die für ihn von Nachteil seien. Eine solche Argumentation setzt nämlich voraus, dass die Entgegennahme begünstigender Leistungen aus einem Tarifvertrag bereits den rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitnehmers erkennen lässt, die in demselben Tarifvertrag bestehenden nachteiligen Bestimmungen gegen sich gelten zu lassen. Von einem solchen rechtsgeschäftlichen Willen kann nach Auffassung des BAG eindeutig nicht ausgegangen werden.[5]

 
Praxis-Tipp

Es wird dringend empfohlen, im Arbeitsvertrag zu verdeutlichen, welche Vorschriften des TVöD Anwendung finden sollen und welche nicht.

 
Praxis-Beispiel

"Es gelten die Bestimmungen des TVöD und der diesen ergänzenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, mit Ausnahme der § 34 Abs. 2 TVöD (Ausschluss der ordentlichen Kündigung) und § 25 TVöD (Betriebliche Altersversorgung) einschließlich des Altersvorsorge-TV-Kommunal."

[1] BAG, Urteil v. 24.6.1992, 10 AZR 554/90.
[2] BAG, Urteil v. 2.3.1988, AP Nr. 11 zu § 1 TVG Form; BAG, Urteil v. 8.7.1980, AP Nr. zu § 1 TVG Form.
[3] BAG, Urteil v. 26.9.1990, AP Nr. 9 zu § 1 BeschFG = EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 89.
[4] ArbG Freiburg, Kammern Offenburg, Urteil v. 30.6.1994, 6 Ca 264/94.
[5] BAG, Urteil v. 26.9.1990, AP Nr. 9 zu § 1 BeschFG = EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 89.

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